100 Prozent Ökostrom – Wie grün ist die Bahncard der Deutschen Bahn?
Um das wichtigste gleich zu Beginn zu klären: Reisen mit der Bahn sind wesentlich klimafreundlicher als Reisen mit dem Auto oder gar mit dem Flugzeug. Dies liegt vor allem an der hohen Effizienz dieses Fortbewegungsmittels. Mittlerweile wirbt die Bahn nun auch mit der Nutzung von Ökostrom im Fernverkehr: demnach verspricht die Bahn seit Januar 2018, dass ihre 140 Millionen Reisenden im gesamten DB-Fernverkehr mit 100 Prozent Ökostrom unterwegs sind. Damit stammt laut Aussage der Bahn genau so viel elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen, wie er im Fernverkehr verbraucht wird.
Hier muss allerdings genau hingeschaut werden, denn unterm Strich stammen in diesem Jahr lediglich 45 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Bahn aus erneuerbaren Energiequellen. Die übrigen 55 Prozent, die im Regional- und Güterverkehr anfallen, werden über langfristige Verträge mit den Betreibern von Atom-, Gas- und Kohlekraftwerken abgedeckt. Kritiker halten die Werbung mit dem klimaneutralen Bahnfahren für sehr bedenklich wie z.B. Dominik Seebach vom Öko-Institut: „Da wird dem Fahrgast suggeriert, er könne auf Fernstrecken so viel mit der Bahn fahren wie er will, es sei immer klimaneutral.“ (zitiert in der Frankfurter Rundschau vom 02.04.2018).
Hinzu kommt, dass die Bahn ihren Ökostrom nicht von „echten“ Ökostromanbietern bezieht, sondern hauptsächlich von RWE und Eon, die neben ihrem Ökostrom aus Wasserkraft sehr viel Geld mit „schmutzigem“ Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken verdienen. Die Werbung täuscht also darüber hinweg, dass die Bahn im Grunde viel mehr tun müsste. Der Bahnkonzern müsste sich an den Klimaschutzzielen der Bundesregierung orientieren und so schnell wie möglich auf echte CO2-freie Energie umstellen. Expert*innen fordern, dass der Konzern „bis 2020 mindestens die Hälfte des Gesamtstrombedarfs aus regenerativen Quellen bezieht“ (Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, zitiert in der Frankfurter Rundschau vom 02.04.2018).
Die Bahn verbraucht knapp fünf Prozent des gesamten Strombedarfs in Deutschland, verfügt über ein eigenes Stromnetz und ist vor allem Pionier in der Elektromobilität. Damit erfüllt die Bahn ideale Bedingungen, um die Verkehrs- und Energiewende weiter zu forcieren, z.B. durch eigene Solar- und Windkraftanlagen. Dies unterstreicht auch der Artikel in der Frankfurter Rundschau, der darauf verweist, wie erfolgreich die staatliche Eisenbahngesellschaft in den Niederlanden ihren Fahrstrom schon seit Anfang vorigen Jahres vollständig aus Onshore- und Offshore-Windkraftanlagen beziehe. Hier würden mit Öko-Stromlieferanten langfristige Verträge abgeschlossen und so Abnahmegarantien auch für Windräder eingegangen, die noch nicht errichtet seien. Auf diese Weise würden hierzulande höhere Investitionssicherheiten geschaffen und damit der Ausbau der Erneuerbaren gefördert werden. Ökologisch entscheidend sei ein Beitrag zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren.
Dominik Seebach vom Öko-Institut mahnt allerdings auch zur Vorsicht: Um zu vermeiden, dass bei einer deutlichen Erhöhung des Anteils Erneuerbarer am Strommix der Bahn die Kosten der Bahnfahrten steigen, müsse die Politik einlenken und z.B. der Bahn steuerliche Vorteile gewähren das Bahnfahren im Vergleich zu konkurrierenden Verkehrsträgern nicht unattraktiv werden zu lassen. Noch heute muss Flugbenzin nicht versteuert werden und internationale Flüge sind weiterhin von der Mehrwertsteuer ausgenommen. Lesen Sie hierzu mehr unter: https://www.bund.net/mobilitaet/infrastruktur/luftverkehr/
Abschließend muss nochmals unterstrichen werden: Die Bahn ist trotz aller o.g. Probleme in jedem Fall klimafreundlicher als das Auto oder das Flugzeug.
Weitere Informationen zu klimafreundlicher Mobilität finden Sie hier:
https://www.vcd.org/themen/klimafreundliche-mobilitaet/verkehrsmittel-im-vergleich/
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