Das Recht auf Klimaschutz einfordern
Diese Klage könnte eine weitreichend Dimension entwickeln: Drei Bio Landwirte verklagen in Zusammenarbeit mit Greenpeace die Bundesregierung, da diese zu wenig für den Klimaschutz tue.
Diese Vollzugsklage zielt darauf ab, die Bundesregierung per Gerichtsbeschluss zu verpflichten, alles Notwendige für das Erreichen der selbstgesteckten Klimaziele für 2020 zu tun.
Die Auswirkungen des Klimawandels bedrohen weltweit den Lebensraum von Menschen und Tieren, doch vor allem durch den diesjährigen Hitzesommer sind die Folgen einer menschengemachten Klimaveränderung auch in Deutschland zu spüren. Vor allem Bäuer*innen sehen sich in dem Zusammenhang mit größten Herausforderungen konfrontiert. Heiner Lütke Schwienhorst bewertet die Lage auf seinem Bio-Hof in Brandenburg so: „Der Klimawandel hat eine beängstigende Dimension. Da braucht es ungeheure finanzielle Anstrengungen, um sich vor den Folgen zu schützen. Noch so ein Sommer würde an die Substanz gehen.“
Grundrecht auf Leben und Gesundheit durch Klimawandel bedroht
Die Bundesregierung hatte 2014 das nationale Klimaschutzprogramm 2020 beschlossen und darin das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 mindestens 40 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses Ziel wurde dieses Jahr von der Bundesregierung aufgegeben. Stattdessen wurden neue Klimaziele für 2050 gesetzt.
Bei der Klage geht es darum, dass die Bundesregierung aus Sicht von Greenpeace und den drei klagenden Biobauern aufgehört habe, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Klimaschutzziele 2020 zu erreichen. Dieses Unterlassen verletze das Grundrecht zum Schutz von Eigentum, Beruf, Leben und Gesundheit. Zielsetzung ist es, die Bundesregierung juristisch dazu zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen um die selbstgesteckten Ziele doch noch zu erreichen.
Es geht dabei explizit nicht um die Einforderung von Schadensersatz sondern um eine stellvertretende Klage für alle vom Klimawandel Betroffenen. Im Zentrum steht das Einklagen des Rechts auf Klimaschutz. “Uns ist auch wichtig, mit der Klage zu zeigen, dass Klimapolitik keine Gefälligkeit der Regierung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ist, sondern dass Klimaschutz unser gutes Recht ist.” sagt Lisa Göldner, die als Klima-Expertin bei Greenpeace arbeitet.
Bäuerinnen und Bauern kämpfen gegen die Auswirkungen des Klimawandels
An der Klage beteiligen sich drei Familien , die auf unterschiedliche Weise von der Veränderung des Klimas betroffen sind. Familie Backsen betreibt einen Bio-Hof auf der Nordseeinsel Pellworm und sieht sich und ihre Landwirtschaft durch einen steigenden Meeresspiegel sowie durch Wetterextreme wie Starkregen und Sturmfluten bedroht. Familie Lütke Schwienhorst hat eine Bio-Landwirtschaft in Brandenburg. Mit Wetterextremen sehen sie sich schon länger konfrontiert, der Hitzesommer 2018 bedrohte ihre landwirtschaftliche Existenz. Und auch Familie Blohm vom Bio-Obsthof in der Nähe von Hamburg spürt die Auswirkungen der Klimakrise durch Hagelschlag, Trockenheit oder neue Schädlinge unmittelbar.
Auch wenn Deutschland nicht allein für den Klimawandel verantwortlich ist und auch den Klimawandel alleine nicht aufhalten kann, so ist es als eines der wirtschafts- und finanzstärksten Länder der Welt maßgeblich für Emissionen mit verantwortlich. Außerdem haben mittlerweile ein ganze Reihe von Bundesregierungen Klimaschutz betrieben und verbindliche internationale Abkommen – darunter auch das von Paris – unterschrieben. Daraus lässt sich aus Sicht der Kläger sowohl eine Art „Vertrauensschutz“ in das Regierungshandeln als auch eine besondere Pflicht ableiten, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.
Ein Erreichen der Klimaschutzziele wäre noch möglich
Die Erreichung der Klimaziele bis 2020 ist mit geeigneten Maßnahmen selbst jetzt noch im Rahmen des Möglichen. Eine Studie des Fraunhofer Instituts belegte, dass vor allem mit der Abschaltung und Drosselung von Braunkohlekraftwerken bei gewährleisteter Versorgungssicherheit die Zielsetzungen erreicht werden könnten.
Dass eine solche Art der Klage Erfolg haben kann zeigen nicht nur die jüngsten Klagen für Fahrverbote zur Luftreinhaltung in deutschen Städten. Auch in den Niederlanden wurde der Staat ganz ähnlich durch die erfolgreiche Klage der Urgenda Stiftung juristisch zur Durchsetzung von Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet. Andernfalls, so das Gericht in Den Haag, drohe der Regierung eine empfindliche Geldstrafe.
Weitere Informationen:
https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20181027-greenpeace-factsheet-klimaklaeger-im-profil.pdf
Quellen:
https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20182710-greenpeace-guenther-klageschrift-klimaklage.pdf
https://www.energiezukunft.eu/politik/niederlande-zum-klimaschutz-verurteilt/
https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/energieszenario_fuer_2020.pdf
Sehr interessanter Beitrag, davon hatte ich noch nichts gehört. Ich bitte um weitere Informationen über den Verlauf der Klage. Beste Grüße ChrstopK