Zur Rolle von Klimaschutz und Energiewende in den aktuellen GroKo-Verhandlungen

Schon bei den Jamaika-Sondierungen war sie ein zentraler Streitpunkt: eine zukünftige Energie- und Klimaschutzpolitik. Ob und bis wann Kohle-Kraftwerke abgeschaltet werden oder nicht, daran schieden sich die Geister. Ja, selbst die Frage, wie hoch denn überhaupt die „Klimapolitische Lücke“ und damit der politische Handlungsbedarf seien, war umstritten. Und die FDP plädierte sogar dafür, sich offiziell vom deutschen Klimaziel der Reduktion des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2020 zu verabschieden, da dies unerreichbar sei.

Auch CDU/CSU und SPD konstatieren im Rahmen ihrer Sondierungsverhandlungen diese Lücke – also die Nicht-Erreichung des Ziels 2020. Aber sie teilen gleichzeitig mit, dass sie diese „so schnell wie möglich schließen“ wollen: „Das Minderungsziel 2030 wollen wir auf jeden Fall erreichen.“ – Dazu soll eine Kommission eingesetzt werden, die bis Ende 2018 ein Aktionsprogramm mit Maßnahmen erarbeitet, die „…die Lücke zur Erreichung des 40 %-Reduktionsziels bis 2020 so weit wie möglich (..) reduzieren“ und das „2030-Ziel für den Energiesektor zuverlässig erreichen“. (Sondierungspapier, Ziff. 1106 ff.)

Ob die entsprechenden Festlegungen zu Klimaschutz, Energie und Umwelt des Sondierungspapiers ausreichend sind, das ist gegenwärtig umstritten – nicht zuletzt im Lichte des Pariser Klimaschutzabkommens (vgl. den letzten Blog Beitrag). Auf die Koalitionsverhandlungen, die bis zum 4.2. abgeschlossen sein sollen, kommt es jetzt an.

Die Webseite der Berliner Energietage 2018 hat in einer Initiative verschiedene Akteure zu ihren energie- und klimapolitischen Positionen und Forderungen im Vorfeld der Regierungsverhandlungen befragt und lädt zur weiteren Diskussion ein.

Auch das KliB-Team fragt: Was denken Sie, die KLIB-Haushalte, zum aktuellen Stand der deutschen Klimapolitik? Und was wären Ihre Positionen und Forderungen an die Parteien? Nutzen Sie bitte das KLIB- Forum und beteiligen Sie sich! Wir freuen uns über Feedback!

 

Autorin: Wiebke Lass

Trauriger Rekord: 2017 zweitheißestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen
Auf dem Bild ist eine Weltkarte zusehen. Fast alle Flächen sind gelb bis rot eingefärbt. Das bedeutet, dass diese Regionen wärmer geworden sind. Verglichen wurde der Durchschnitt der Erde von 2013 bis 2017 (aktuelle Situation) im Vergleich zu einem weiter zurückliegenden Referenzzeitraum (Durchschnitt der Jahre 1951 bis 1980).

Weltweit gesehen, war das vergangene Jahr 2017 das zweitheißeste Jahr seit dem Beginn der diesbezüglichen Wetteraufzeichnungen. Dies gab die NOAA (die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde der USA, engl.: National Oceanic and Atmospheric Administration) gemeinsam mit der NASA (Nationale Aeronautik- und Raumfahrt-Behörde der USA, engl.: National Aeronautics and Space Administration) in einer Pressemitteilung am letzten Freitag bekannt.

 

Auf dem Bild ist eine Weltkarte zusehen. Fast alle Flächen sind gelb bis rot eingefärbt. Das bedeutet, dass diese Regionen wärmer geworden sind. Verglichen wurde der Durchschnitt der Erde von 2013 bis 2017 (aktuelle Situation) im Vergleich zu einem weiter zurückliegenden Referenzzeitraum (Durchschnitt der Jahre 1951 bis 1980).

Abbildung 1: Trend der Erderwärmung auch 2017 ungebrochen. Diese Karte des NASA Goddard Institute for Space Studies verdeutlicht die durchschnittliche globale Temperatur der Erde von 2013 bis 2017 im Vergleich zu einem Referenzzeitraum (Durchschnitt der Jahre 1951 bis 1980). Gelb, Orange und Rot sind jene Regionen eingefärbt, die gegenwärtig wärmer sind als dieselben Regionen im Referenzzeitraum. Quelle: NASA’s Scientific Visualization Studio 2018.

Die langfristige Entwicklung ist in einem Kurzfilm von NOAA/NASA zu sehen.

Der Trend der langfristigen Erderwärmung hält also – so zeigt diese Analyse – auch 2017 an. Besonders besorgniserregend ist zudem der Umstand, dass 17 der 18 wärmsten Jahre überhaupt in der jüngsten Vergangenheit (seit 2001) aufgetreten sind. Dabei gilt 2016 immernoch als das weltweit durchschnittlich wärmste Jahr seit 1880, nun gefolgt von 2017 auf Platz 2 (das Jahr 2015 wurde damit auf Platz 3 verwiesen).

Mit Blick auf Deutschland war nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD 2018) das Jahr 2017 mit einer Mitteltemperatur von 9,6 °C ebenfalls wieder ein sehr warmes Jahr und belegte gemeinsam mit den Jahren 2002 und 2011 die Plätze 6 bis 8: „Damit finden sich zehn der fünfzehn wärmsten Jahre Deutschlands im 21. Jahrhundert, eine Jahresmitteltemperatur von 9,6 °C oder wärmer gab es in Deutschland vor 1994 noch nie.“ In eine ähnliche klimatologische Richtung weist das zunehmende Auftreten „Heißer Tage“ in Deutschland in den letzten Jahrzehnten (Abbildung 2).

Abbildung 2: Die Anzahl „Heißer Tage“ nimmt auch 2017 in Deutschland weiter zu. Die Abbildung zeigt die mittlere Anzahl „Heißer Tage“ (definiert als Tag mit einem Temperatur-Tagesmaximum größer oder gleich 30°C) in Deutschland für den Vergleichszeitraum 1961-1990 (links) und für das Jahr 2017 (rechts). Quelle: DWD 2018: 3.

Auch die Hauptstadt Berlin und ihr Umland waren in diesem Sommer von starken Unwettern und Überschwemmungen betroffen. Die Starkniederschläge und Überschwemmungen vom 29.6 und vom 22.7. zählen laut DWD (2018) zu den deutschlandweit herausragenden Extremereignissen des Jahres 2017.

Angesichts verschiedener, klimarelevanter Naturkatastrophen bilanzierte bereits Anfang Januar 2018 die Münchner Rückversicherung das Jahr 2017 als das Jahr mit den bisher höchsten versicherten Schäden durch Naturkatastrophen (Münchener Rückversicherung 2018).

Autorin: Wiebke Lass

Quellen

Aufweichen der 2020-Klimaschutzziele in Deutschland – nur peinlich oder gar ein Rechtsbruch?

Im September 2016 haben Bundestag und Bundesrat einstimmig den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Pariser Klimaschutzabkommen beschlossen, das im Jahr vorher von 195 Staaten ausgehandelt wurde und Anfang November 2016 in Kraft getreten ist. Das Pariser Abkommen (PA) sieht in Artikel 2 eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau vor, verbunden mit Anstrengungen zu einer Begrenzung auf möglichst 1,5º C. Zur Erreichung dieses Zielkorridors sollen die Staaten freiwillige, aber effektive und mit der Zeit schärfere Maßnahmen ergreifen (Artikel 3 PA).

Deutschland wird seine selbstgesetzten Klimaziele bis 2020 (-40% gegenüber 1990) aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreichen. Die „Gerüchteküche“ um die laufenden Sondierungsverhandlungen zwischen CDU und SPD will wissen, dass die neue Bundesregierung dieses Ziel auch offiziell aufgibt, dafür aber bis 2030 neue Ziele erreichen will (vgl. Artikel Tagesspiegel vom 09.01.2018).

Es stellt sich die Frage: Ist die mögliche Aufgabe bzw. Verschiebung der klimapolitischen Ziele durch eine neue Bundesregierung nur „schade“ oder „peinlich“, oder doch vielleicht mehr – nämlich zum Beispiel ein Bruch des Pariser Abkommens, zumindest ein Verstoß gegen seinen „Geist“? Genau das behauptet ein Rechtsgutachten, das der Leipziger Jurist, Soziologe und Philosoph Prof. Dr. Felix Ekardt zusammen mit Mitarbeiterinnen von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik (Leipzig/Berlin) im Auftrag des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V. im Januar 2018 vorgelegt hat.

Da die KliB-Haushalte meist klimapolitisch interessiert sind und sich teilweise hier auch engagieren, möchte das KliB-Team auf dieses Rechtsgutachten hinweisen und lädt alle Interessierten zu einer Stellungnahme im KliB-Forum ein. Das Papier argumentiert als Rechtsgutachten natürlich primär juristisch (Umweltvölkerrecht), aber ist dennoch gut lesbar und wirft einige interessante Fragen auf. Hier nur kurz einige Punkte in der Zusammenfassung:

  • Das PA stellt trotz der zentralen Rolle freiwilliger Maßnahmen keine unverbindliche Absichtserklärung dar, sondern ist ein völkerrechtlich verbindliches Dokument, das auch für die Bundesrepublik Konsequenzen hat.
  • Insbesondere das 2-1,5º C-Ziel von Artikel 2 legt – im Verein mit den wissenschaftlichen Berechnungen des IPCC – sehr ambitionierte Zielkorridore für die Vertragsstaaten fest, die auf eine rasche Dekarbonisierung hinauslaufen.
  • Unsicherheiten bezüglich des mit diesem Ziel kompatiblen Gesamtbudgets existieren zwar (Klimasystem, Senken, Aerosole etc.), aber eine am Vorsorgeprinzip orientierte Klimapolitik kann diese nicht als Vorwand für geringere Anstrengungen nutzen.
  • Je später gehandelt wird, desto teurer und unwahrscheinlicher ist es, dass ein technisch, wirtschaftlich und sozial gangbarer Dekarbonisierungspfad gewählt werden kann.
  • Das Nicht-Erreichen des 2020er Klimaziels der Bundesregierung und seine mögliche Preisgabe bzw. Verschiebung stellt eine eklatante Verletzung des PA dar.
  • Art. 2 Abs. 1 PA ist rechtsverbindlich, aber nicht direkt einklagbar. Die Menschenrechte (mit im Wesentlichen gleichem Aussagegehalt in puncto Klimaschutz) sind es jedoch, unter Einschluss des menschenrechtlich herleitbaren Vorsorgeprinzips. Zudem erleichtert Art. 2 Abs. 1 PA eine Interpretation des jeweiligen nationalen Verfassungs-, Verwaltungs- und Zivil-rechts in Richtung strenger Klimaschutzverpflichtungen.

Lassen Sie uns wissen, ob der Artikel für Sie hilfreich war und was Sie darüber denken. Das KliB-Team denkt: Die KliB-Haushalte handeln in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen – obwohl das nur Staaten, nicht Individuen verpflichtet. Was möchten unsere Haushalte einer künftigen Bundesregierung in Sachen Klimapolitik empfehlen?

Kaputt, was nun: Neukauf oder Reparatur? – Der französische Weg aus der Wegwerfgesellschaft

Den Konsum zu reduzieren, langlebigere Produkte zu produzieren und zu reparieren, was defekt ist – das sind Schritte, die nicht nur aus Klimaschutzperspektive sinnvoll sind. Dem gegenüber stehen jedoch Strukturen, die aus finanziellem Interesse den Verkauf ankurbeln wollen. Wie also soll hier ein Wandel entstehen? Entweder die BürgerInnen ändern ihr Konsumverhalten und damit die Nachfrage, oder aber der Staat zwingt die Hersteller zur Änderung des Angebots – oder beides.

2015 schon wurde mit dem Gesetz für die Energiewende und grünes Wachstum in Frankreich auch der Verbraucherschutz erweitert – und zwar mit neuen Regelungen für Langlebigkeit und Reparatur von Produkten.

So ist es zum Beispiel strafbar, als Hersteller beabsichtigt Mechanismen zur Kurzlebigkeit („geplante Obsoleszenz“) einzubauen. Dies ist allerdings recht schwer nachzuweisen. Hat man ein Produkt gekauft, kann bis zu 24 Monate nach Erwerb noch der Verdacht auf Mangelhaftigkeit bei Lieferung geltend gemacht werden. Außerdem müssen Hersteller angeben, ob und wie lang es Ersatzteile für die angebotenen Produkte geben wird. Hinzu kommt noch, dass der Verkäufer auch verpflichtet wird, Ersatzteile an Händler und Reparaturbetriebe zu liefern.

Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es nun seit Anfang 2017 eine gesetzliche Verpflichtung von Kfz-Werkstätten, neben Neuware auch gebrauchte Ersatzteile anzubieten. Fahrzeugreparaturen sind ja nicht nur ärgerlich, sondern meistens auch kostspielig. Dies kann man in Frankreich nun zumindest teilweise durch die Wahl der Ersatzteile beeinflussen.  Die Gebrauchtwaren sind geprüft und werden mit einer Garantie versehen. Bei Nichteinhaltung drohen saftige Geldstrafen. Für die Werkstätten jedoch ist es teilweise schwierig z.B. die Verfügbarkeit der Ersatzteile überhaupt gewährleisten zu können.

Es bleibt abzuwarten, wie gut sich diese Gesetze umsetzen lassen und wie groß der Effekt ist, aber ein Schritt in die richtige Richtung ist es allemal – den Deutschland noch gehen müsste. Übrigens: Auch an der TU Berlin wird von der Nachwuchsgruppe „Obsoleszenz als Herausforderung für Nachhaltigkeit“ das Phänomen der „geplanten Obsoleszenz“ erforscht.

 

Mehr dazu gibt es hier:

Stand Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK)

Am 6. Dezember 2017 hat bei Berlin 21 eine von KliB-Beiratsmitglied Malte Schmidthals moderierte Podiumsdiskussion zum Stand des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) statt, an der die umwelt-/klimapolitischen Sprecher der drei Regierungsfraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus teilgenommen haben: Daniel Buchholz (SPD), Dr. Michael Efler (Die Linke) und Georg Kössler (Bündnis 90/ Die Grünen). Projektleiter und BEK-Studien-Mitautor Fritz Reusswig war für das KliB-Team vor Ort und konnte einige interessante Details zum Umsetzungsstand dieses für Berlin wichtigen Klimaschutzprogramms erfahren:

  • Nachdem der BEK-Entwurf des Senats in vier Ausschüssen diskutiert wurde kommt es am 25.1.2018 bei der Plenumssitzung des Abgeordnetenhauses (hoffentlich) zur Beschlussfassung. Dann können die im BEK beschriebenen Maßnahmen aus allen Handlungsfeldern endlich in die Umsetzung gehen.
  • Für die Umsetzung werden jährlich 22 Mio. € an Senatsmitteln bereitgestellt – zuzüglich von 5 Mio. € aus einem anderen Fördertopf sowie weiteren Mitteln, die dem Klimaschutz dienen, aber andere Titel haben.
  • Die drei Regierungsfraktionen haben den Senatsentwurf des BEK mit 66 Änderungsvorschlägen weiter geschärft – darunter zum Beispiel die Forderung, auch die Emissionen des Berliner Flugverkehrs einzubeziehen oder das Wachstum der durchschnittlichen Wohnungsgrößen zu begrenzen. KliB findet das gut: unser CO2-Rechner berücksichtigt schon heute Flugreisen und Wohnungsgrößen!
  • Das Thema Kohleausstieg bewegt die umweltpolitisch engagierte Berliner Zivilgesellschaft. Das letzte Braunkohlekraftwerk in Berlin wurde im Frühjahr 2017 abgeschaltet, bis spätestens 2030 soll es zum kompletten Kohleausstieg in der Hauptstadt kommen. Dafür wird derzeit eine Machbarkeitsstudie erstellt. KliB möchte Ihre Position dazu gerne kennenlernen – nutzen Sie unser Forum! Auf der Veranstaltung bei Berlin 21 wurde auch deutlich, dass dabei die Rolle des Energieträgers Gas unterschiedlich beurteilt wurde: die einen meinen, man könnte auch den Erdgasverbrauch parallel reduzieren, die anderen sehen das nicht so optimistisch. KliB-Stakeholder Greenpeace Energy bietet mit seinem Windgas-Angebot eine Möglichkeit an, schon heute auf erneuerbares Gas umzusteigen.
  • Die Solarpotenziale in Berlin sollen massiv ausgebaut werden, und die öffentliche Hand will dabei als Vorbild vorangehen. Angesichts der bisher sehr mageren Nutzung von Solarenergie in Berlin hält KliB das für eine absolut notwendige Entwicklung! Als KliB-Haushalt können Sie dazu beitragen, etwa indem Sie grünen Strom unserer Projektpartner Berliner Stadtwerke oder Greenpeace Energy beziehen.
  • Berlin hat eine eigene Divestment-Strategie: die Rücklagen der Stadt werden nur noch in solche Fonds/Unternehmen angelegt, die nicht-fossil und nicht-atomar sind. Die Richtlinien dazu nehmen sich andere Bundesländer zum Vorbild – angesichts der Tatsache, dass Berlin beim Klimaschutz bislang kein Vorbild ist, eine besonders gute Nachricht! Wenn Sie Ihr eigenes Vermögen – egal wie groß oder klein – klimafreundlich anlegen wollen, dann können Sie das zum Beispiel mit dem KliB-Partner GLS-Bank tun!

Auch das ist kein erschöpfender Überblick über das BEK (vgl. das Fachgutachten dazu). Aber Fritz Reusswig als BEK-Mitverantwortlicher meint: Der Prozess vom Gutachten zur Umsetzung hat lange gedauert, aber ist jetzt auf einem guten Weg! Die drei VertreterInnen der Regierungsfraktionen sind überraschend einmütig aufgetreten und haben deutlich gemacht, dass es ihnen darum geht, endlich die parlamentarischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Klimaschutz in Berlin wirklich vorangeht – und sich auf den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 macht. Auf der Berlin 21-Veranstaltung wurde deutlich, dass es in unserer Stadt auch ein großes zivilgesellschaftliches Potenzial gibt, das diesen Prozess tragen und kritisch begleiten muss. Dafür gibt es viele Wege, und der, an KliB teilzunehmen ist sicher nicht der schlechteste!

Zur Weltklimakonferenz COP23 in Bonn

Die 23. Verhandlungsrunde der Weltklimakonferenz (COP23) in Bonn ist am Samstag, den 18.11.2017 zu Ende gegangen. Zwei Wochen lang haben RegierungsvertreterInnen der 197 Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention darüber beraten, wie die in Paris Ende 2015 beschlossenen ambitionierten Klimaschutzziele erreicht und deren Umsetzung gemessen werden kann (vgl. KliB-Newsletter Nr. 1).

Die Bundesregierung, die zusammen mit dem pazifischen Inselstaat Fidschi Gastgeberin war, zieht eine positive Bilanz. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks schreibt: „Uns ist ein wichtiger Zwischenschritt gelungen auf dem Weg zur Konferenz in Kattowitz in einem Jahr, wo die Umsetzungsregeln von Paris beschlossen werden sollen. Bonn war auch die erste Weltklimakonferenz nach dem angekündigten Rückzug der Trump-Regierung aus dem Pariser Klimaabkommen. Von Bonn geht das starke Signal aus, dass die Welt zusammensteht und sich beim Klimaschutz nicht aufhalten lässt.“

Allerdings ist klar, dass die bisher von den Regierungen eingebrachten freiwilligen Maßnahmen (INDCs) bei weitem noch nicht ausreichen, um das 2º C -, insbesondere aber das 1,5º C-Ziel von Paris auch einzuhalten. Auch Deutschland, das sich so gerne als „Klima-Musterschüler“ sieht, wird seine Ziele für 2020 (-40% gegenüber 1990) aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einhalten. Und da zum Zeitpunkt der Bonner Konferenz noch keine handlungsfähige Bundesregierung gebildet war, war auch nicht klar, ob es noch einen substantiellen deutschen Beitrag bis dahin geben würde – etwa mit Blick auf die Reduktion der Kohleverstromung oder die Forcierung des Ausbaus Erneuerbarer.

Dennoch gingen von der COP23 einige ermutigende klimapolitische Signale aus. Das KliB-Team greift hier nur ein Paar Punkte heraus:

  • Man ist auf dem Weg zur Messung und Bewertung der freiwilligen Maßnahmen, die auf der COP24 im polnischen Kattowitz stehen muss, ein gutes Stück vorangekommen. Wer übrigens verfolgen möchte, wo die einzelnen Länder klimapolitisch stehen und wie nah oder fern wir noch von der Einhaltung der Pariser Klimaziele entfernt sind, ist beim Climate Action Tracker an der richtigen Adresse.
  • Die Bundesregierung hat angekündigt, Entwicklungsländer mit 100 Millionen bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.
  • Auf dem Bonner Gipfel haben verschiedene Länder eine Allianz für einen sozialverträglichen Kohleausstieg (Powering Past Coal Alliance) gegründet, dem etwa Frankreich, Kanada oder Großbritannien angehören – allerdings (noch?) ohne Deutschland!
  • Erstmals auf einer COP haben sich die im Klimaschutz aktiven Kommunen und Regionen aktiv mit einer eigenen Plattform eingebracht – darunter auch US-amerikanische Städte und Regionen, die Donald Trumps „Klimapolitik“ für das halten, was sie ist: falsch. KliB findet es extrem wichtig, dass die Kommunen sich auf internationaler Ebene zu Wort melden, denn dadurch kommen auch die Klimaschutz-Leistungen vor Ort ins Visier – und damit indirekt auch das, was Bürgerinnen und Bürger tun!
  • Bisher ist die Welt der COP von Männern dominiert – und das, obwohl wir aus vielen Studien wissen, dass Frauen das Thema oft ernster nehmen und sich stärker engagieren. Der in Bonn beschlossene erste Gender-Aktionsplan in der Geschichte des Klimasekretariats soll nun die Gleichstellung von Männern und Frauen in den Klimaverhandlungen aktiv unterstützen. Angestrebt werden die paritätische Besetzung von Gremien der Vereinten Nationen, die Berücksichtigung von Gender Aspekten bei der Umsetzung von Klimaschutz auf nationaler Ebene und die direkte Förderung von Frauen in den Klimaverhandlungen durch Trainings.

Das ist sicher kein vollständiger Überblick– es ist ohnehin nicht leicht, sich bei den COPs einen solchen zu verschaffen -, vermittelt aber doch einen Eindruck davon, was erreicht wurde. Und was KliB für wichtig hält! Die nächste COP (Nr. 24) findet Ende 2018 in Kattowitz statt – also noch zu Laufzeiten von KliB. Wenn Sie Ideen haben, wie man das, was Sie alle bis dahin hoffentlich erreicht haben, auch irgendwie international einbringen (sichtbar machen, bewerten…) kann, möglicherweise auch über den Weg der Kommunen, dann gerne her damit! Unser KliB-Forum sammelt Ihre Beiträge dazu, und das KliB-Team versucht nach Kräften, das irgendwie auch nach Kattowitz zu spielen – momentan noch: mal sehen, wie!

 

Bericht von der Weltklimakonferenz 2017

23. Weltklimakonferenz in Bonn (COP 23 vom 6. – 17. November 2017) – Wichtige Eckpunkte

Lutz Meyer-Ohlendorf, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK

Als größte zwischenstaatliche Konferenz, die es je in Deutschland gegeben hat werden sich unter der Präsidentschaft der Fidschis Verhandlungsgruppen aus 195 Staaten für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von Ende 2015 einsetzen. Zum ersten Mal tagen die Delegationen unter dem Vorsitz eines kleinen Inselstaats. Damit rückt einer der verwundbarsten Staaten in den Mittelpunkt der Klimadiplomatie.

Bisher wurden die Folgen des Klimawandels besonders dort spürbar, wo das Klima ohnehin Extreme wie Hitzewellen, Starkregen, Hurrikans und Dürren mit sich bringt – vor allem in den Ländern des Globalen Südens. Zunehmend werden die Folgen jedoch auch bei uns gravierender.

Auch für den Klimaschutz wird es enger. Nur wenn es gelingt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen auf maximal 1,5°C zu begrenzen, kann ein gefährlicher Klimawandel noch verhindert werden. 2016 war das wärmste Jahr seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1880, und 16 der 17 wärmsten jemals gemessenen Jahre traten im 21. Jahrhundert auf. Die drei wärmsten Jahre waren in absteigender Reihenfolge 2016, 2015 und 2014. Während die zunehmend sichtbar werdenden Folgen des Klimawandels entschiedenes politisches Handeln immer dringlicher machen, wächst auch der Druck aus der Zivilgesellschaft.

Die Delegierten der Regierungen werden auf der Bonner COP um die Details zur Anwendung des Pariser Abkommens von 2015 verhandeln. Herauskommen soll dabei ein so genanntes “Regelbuch”, das beim nächsten Klimagipfel Ende 2018 in Polen verabschiedet werden soll. Dabei geht es darum festzulegen, wie die nationalen Beiträge zum Klimaschutz überhaupt gemessen und transparent dokumentiert werden können. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Regierungen mit ihren freiwilligen Beiträgen mit der Zeit immer besser – und nicht schlechter – werden. Schließlich sollen die vom Klimawandel primär betroffenen Länder von den Hauptverursachern entschädigt werden.

Parallel zu den offiziellen Verhandlungen findet wie in den letzten Jahren eine große Zusammenkunft von Klimaschützer*innen aus aller Welt und aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen statt – Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Religionsgemeinschaften und Umweltverbände – der „People’s Climate Summit” (PCS). Eines der zentralen Themen des PCS ist die Frage der globalen Klimagerechtigkeit. In diesem Zusammenhang wurde auch mit Kritik an der deutschen Klimapolitik nicht gespart. Die zentralen Kritikpunkte lauten:

  • Deutschland baut nach wie vor so viel Braunkohle ab, wie kein anderes Land der Welt. Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft ist der Anteil der Kohleverstromung stark angestiegen.
  • Auch im Verkehr lassen sich keine bedeutenden Erfolge verzeichnen – sowohl Endenergieverbrauch als auch Treibhausgasemissionen im Personenverkehr stagnieren seit 1990 auf einem sehr hohen Niveau.
  • Noch immer verzögert die öffentliche Hand durch eine Reihe umwelt- und klimaschädlicher Subventionen den Umstieg auf klimaverträgliche Entwicklungspfade – insbesondere im Energie – (z.B. im Braunkohle- und Steinkohleabbau) und Verkehrssektor (z.B. Begünstigung des Flugverkehrs, Dieselprivileg, Entfernungspauschale), die sich allein im Jahr 2012 auf über 57 Milliarden Euro beliefen.
  • Im Vergleich dazu wird der Beitrag Deutschlands zum internationalen Anpassungsfond zur Unterstützung der Länder des Globalen Südens im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels mit 50 Millionen Euro als zu gering eingeschätzt

Auf mehreren Demonstrationen wurde der z.T. international organisierte Protest zum Ausdruck gebracht. Neben zwei großen Kundgebungen am 4. Nov. (25.000 Menschen) und 11. Nov (1 Mio. Menschen) gab es auch eine Aktion des zivilen Ungehorsams, bei dem sich über die Initiative „Ende Gelände“ 4.500 Menschen in den Tagebau im benachbarten Rheinischen Braunkohlerevier aufmachten und vorübergehend zwei Großbagger blockierten. Neben den zentralen Forderungen zu mehr Klimaschutz und dem schnellen bzw. sofortigen Kohleausstieg werden zunehmend auch wachstumskritische Positionen eingenommen. Der Klimawandel erfordert grundlegend neue Antworten auf die Frage nach der großen Transformation.

KliB wird auf der offiziellen Homepage der COP23 des BMUB übrigens als positives Beispiel erwähnt (vgl. COP Rubrik „Blitzlichter“) – mit gutem Grund! Denn die KliB-Haushalte erreichen, wenn sie die angestrebten 40% Reduktion schaffen, tatsächlich genau das, was sich die Bundesregierung für die Zeit von 1990 bis 2020 vorgenommen hat – Zielerreichung dort allerdings offen. Wer an KliB teilnimmt gibt nicht nur durch sein/ihr direktes klimarelevantes Verhalten ein klimapolitisches Statement – für sich und andere – ab, sondern kann sich auch klimapolitisch äußern. Wir möchten dem BMUB am Ende des Projekts auch eine Liste von Vorschlägen für einen verbesserten Klimaschutz geben. Vielleicht kann dann die Bundesregierung schon auf der nächsten COP mit noch mehr innovativen Ideen punkten!

 

Weiterführende Links:

Hendricks, Barbara (2017): Eröffnungsrede zur 23. Weltklimakonferenz in Bonn, 06.11.2017, letzter Zugriff 11.11.2017.

Hermann, Hauke; Harthan, Ralph O. (2014): CO2-Emissionen aus der Kohleverstromung in Deutschland. Studie des Öko-Instituts, letzter Zugriff 11.11.2017.

UBA (2017a): Daten zur Umwelt 2017 – Indikatorenbericht. Umweltbundesamt: Dessau-Roßlau, letzter Zugriff 11.11.2017.

Bericht von der Weltklimakonferenz 2017

Als größte zwischenstaatliche Konferenz, die es je in Deutschland gegeben hat werden sich unter der Präsidentschaft der Fidschis Verhandlungsgruppen aus 195 Staaten für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von Ende 2015 einsetzen (…)