Was steckt drin im Sonstigen Konsum?

Graue Energie und versteckte Emissionen

Alle CO2-Emissionen, die sich nicht den Sektoren Mobilität, Energie, Heizen oder Ernährung zuordnen lassen, gehören bei KLIB zum Sektor „Sonstiger Konsum“. Im Durchschnitt entfallen in Deutschland 4,4 Tonnen jährlich und damit 38 Prozent unseres CO2-Fußabdrucks auf den Sonstigen Konsum. Dieses Handlungsfeld zählt damit zu den wichtigsten Sektoren unserer Klimabilanz und birgt die höchsten Reduktionspotentiale. Aber was steckt konkret hinter dieser ‚catch-all‘-Kategorie?

Beim Sonstigen Konsum spielt der Begriff der Grauen Energie eine wichtige Rolle. Den meisten Produkten sieht man den Energie- und Ressourcenaufwand nicht an. Es ist also die Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes oder einer Dienstleistung notwendig ist, die als „graue Energie“ bezeichnet wird. Diese Energie ist im Produkt versteckt und für den Konsumenten nicht direkt sichtbar. Für eine Bilanzierung der Grauen Energie wird daher der Energieeinsatz zur Erzeugung aller Vorprodukte bis hin zur Rohstoffgewinnung berücksichtigt und addiert (NABU 2017).

In jedem Produkt steckt demnach Graue Energie, selbst Dienstleistungen wie das Haareschneiden (Anschaffung und Verbrauch von Föhn, Haarschneidemaschine, Schere) oder die Nutzung des Internets beinhalten versteckte Energieverbräuche (NABU 2017). Zu unterscheiden ist dabei zwischen indirektem Energiebedarf eines Konsumgutes und dem direkten Energiebedarf, der bei der Nutzung des Produktes anfällt. Der Strom beim Betrieb eines Smartphones (Handlungsfeld Strom) oder der verbrauchte Kraftstoff beim Fahren mit dem Auto (Handlungsfeld Mobilität) wird über andere Handlungsfelder abgedeckt.

Aus verschiedenen Gründen erfährt das Thema der Grauen Energie in der öffentlichen Wahrnehmung nahezu keine Beachtung. Sparsamer Verbrauch von Geräten, Wärmedämmung und moderne Technologien sind Stichworte, die auf Fragen der effizienten Nutzung von Konsumgütern abzielen. Dabei ist es nicht immer sinnvoll, ein ineffizientes Produkt gegen ein neues und sparsameres Produkt auszutauschen. In vielen Fällen überwiegt der Verbrauch indirekter Energieverbräuche den tatsächlichen Effizienzgewinn.

Laut einer Studie des Umweltbundesamtes gehen beim Notebook zum Beispiel fast zwei Drittel der über die gesamte Nutzungsdauer zusammengerechneten CO2e-Emissionen auf das Konto der Herstellung (inklusive Transport und Verwertung). Die eigentliche Nutzung macht nur etwas mehr als ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Die Studie zeigt, dass es sich beim Notebook aus energetischen Gründen niemals lohnt, ein altes, noch funktionstüchtiges Gerät gegen ein neues, energieeffizienteres auszutauschen (UBA 2017).

Suffizienz – Rückkehr zum Wesentlichen oder ein gutes Leben für Alle?

Der Begriff Effizienz – hinter dem sich meist technische Lösungen verbergen – ist ein wichtiger Baustein für eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit. Er besagt, mit deutlich weniger Aufwand ein Mehr an Leistung zu erbringen, ohne den Nutzen zu verringern (z.B. ein neuer Kühlschrank oder eine LED-Lampe). Technische Verbesserungen und damit verbundene Kostenersparnisse führen jedoch häufig zu Rebound-Effekten, d.h. die eingesparten Kosten haben wiederum Rückwirkungen auf das Kauf- und Konsumverhalten sowie den Gebrauch der Produkte (z.B. spritsparende Autos, vgl. UBA 2014).

Im Großen und Ganzen ist sich die Forschung einig, dass Effizienz allein nicht ausreicht, um zukunftsfähige Emissionsreduktionen erzielen zu können. Nur durch ein Begrenzen des Konsums können ambitionierte Klimaschutzzielwerte (z.B. maximal 2 t CO2e pro Kopf pro Jahr) erreicht werden (Gröger 2011). Der Begriff der Suffizienz zielt auf ein Maßhalten und ein Weniger im Konsum und steht damit im Widerspruch zum Paradigma eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums als Grundlage unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Und während Politik und Wirtschaft einem solchen Konzept aus genanntem Anlass eher skeptisch gegenüber stehen, braucht es doch dringend politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die für jede KonsumentIn richtungsweisend sein sollte. Politische Maßnahmen können z.B. das Kennzeichnen von klimaschädlichen Produkten, CO2-Steuern oder Subventionen für klimafreundlichere Produkte und Dienstleistungen umfassen. Über das rechte Maß wird auch schon heute vielerorts bestimmt, wie z.B. in der Familie über das Taschengeld, in der Kommune, wie viel Raum für welche Verkehrsteilnehmenden zur Verfügung steht oder in der Bundespolitik, welches Tempolimit auf Autobahnen gilt (BUND 2018).

Auch wenn ein solcher Ansatz für viele Menschen nach Verzicht und Einschränkung klingt, geht es doch vielmehr auch um eine kreative Gestaltung neuer Lebens-, Wirtschafts- und Konsumformen, die auch neue Formen des Miteinanders und Produzierens einschließen. Für diese Kreativität braucht es den Raum und Menschen, die bereit sind, mit neuen Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens experimentieren. Suffizienz bedeutet daher nicht Verzicht – im Gegenteil – Suffizienz will eine bessere Lebensqualität für Alle – entkoppelt von materiellem Reichtum.

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