Energiesparen war unser erstes Ziel. Ein paar Lösungen fielen uns auch sofort ein. Den Lichtschalter häufiger als bisher betätigen, den Standby-Betrieb der Glotze ausschalten. Günther stellte den Kühlschrank von vier auf sieben Grad Celsius hoch.
Was noch?, fragten wir uns.
Günther rief die Verbraucherzentrale an. Die bietet Energieberatung an – kostet 20 gut investierte Euro. In Wirklichkeit natürlich mehr, nämlich 226,10 Euro, aber das Bundeswirtschaftsministerium bezahlt den Rest.
An einem Mittwochvormittag steht Karl-Heinz Dubrow vor der Tür. Er trägt einen Computer unter dem Arm und eine Mappe voller Broschüren und sagt: „Dann wollen wir mal.“ Und: Dass er gleich das Haus sehen wolle, alles protokollieren würde und wir dann eine Woche später einen Bericht bekämen. „Die zwanzig Euro müssen Sie mir gleich bar geben“, sagt er und dass das ein guter Preis sei. Dann öffnet er seinen Computer. Und fragt. Viele Fragen.
Wie alt der Kühlschrank?
Schalten Sie den Fernseher ab oder läuft der immer auf Stand-by?
Mit welchem Programm spült die Maschine das Geschirr?
Er will noch viel mehr wissen, die Stromrechnung sehen und die für die Fernwärme. Alle Antworten tippt er ein. Und als Günther stolz erzählt, dass er den Kühlschrank kürzlich von vier auf sieben Grad Temperatur hochgestellt hat, sagt er sogar: „Super! Klasse!“
Wir führen Herrn Dubrow nun durchs ganze Haus, zeigen die Kinderzimmer, Günthers Arbeitsklause, die Küche, wo die Stromfresser lauern: Der Herd, der Kühlschrank – eine Kühl-Gefrier-Kombi, immerhin A++, die Spülmaschine (A++), der Wasserkocher (2000 Watt, damit es morgens schnell geht). „Die Spülmaschine hat einen Energiesparmodus. Nutzen Sie den!“, sagt Herr Dubrow streng. „Auch wenn es Ihnen komisch vorkommt, weil sie damit länger als mit dem normalen Spülprogramm braucht. Und laden Sie die immer schön voll. Am besten alles rein in die Maschine.“ Zum Radio, zur Mikrowelle, zum Mixer und dem anderen Kleinkram in der Küche sagt Herr Dubrow nichts. Das scheint nicht besonders relevant zu sein.
Im Wohnzimmer stehen ein Fernseher, ein CD-Player, ein Radio, ein Verstärker und ein Plattenspieler. Überall Lampen – „Hier gibt es Einsparmöglichkeiten durch LEDs!“. Weiter ins Bad, zum Föhn und der elektrischen Zahnbürste. Alles nichts Besonderes.
Bislang alles reine Routine für Herrn Dubrow. Er notiert, guckt, notiert. Doch im Keller wird er plötzlich ganz aufmerksam – als er den Wäschetrockner sieht: „Aber den benutzen wir doch gar nicht“, sagt Petra. Angeschafft für eine andere Wohnung und selten benutzt, ist er hier einfach überflüssig. Denn da wir mit Fernwärme heizen und daher große, Wärme abgebende Rohre durch unseren Keller laufen, ist dieser immer trocken und warm: Die Wäsche kann hier auch ohne Trockner gut trocknen.
Die Waschmaschine scheint okay zu sein, obwohl wir sie schon seit Mitte 2003 besitzen. Damals war sie energietechnisch gesehen der letzte Schrei: Verbrauchsklasse A, besser ging nicht. Heute schon. Aber das scheint Herrn Dubrow nicht besonders zu stören. „Wie heiß waschen Sie?“ will er nur wissen. „Meistens 40 Grad, ganz selten 60 Grad, manchmal kalt“, antwortet Günther, was Herr Dubrow mit einem beifälligen Nicken quittiert. „Nie Vorwaschen!“, sagt er streng. „Und auch mal auf 30 Grad .“ Günther nickt brav. „Schleudern? Wie viel Umdrehungen?“ „1600“, sagt Günther. „Warum? Sie nutzen den Trockner doch gar nicht? Dann können Sie doch auch weniger schnell schleudern.“
Kritisch guckt Herr Dubrow auf unsere Heizpumpe. Petra erinnert sich sofort an den Satz ihres ehemaligen Lieblingskollegen: „Wenn die Männer mit ihren Heizpumpen so angeben würden, wie mit ihren Autos, dann wäre die Energiewende schon fast geschafft.“ Unser Energieberater erklärt, dass die Heizpumpe jedes Mal anspringt, wenn das warme Wasser aufgedreht oder die Heizung benutzt wird. „Dieses Ding braucht zu viel. Da gibt es bessere“, sagt er. Damit summiere sich ein unnötiger Stromverbrauch.
Dann sieht Herr Dubrow einen wirklich unnötigen Stromfresser: Den zweiten Kühlschrank. Der ist immerhin A+ zertifiziert. Wir brauchen ihn, damit wir mit einem wöchentlichen Großeinkauf für die Familie hinkommen. Denken wir. Aber brauchen wir ihn wirklich?
Petra: „Ja!“
Günther: „Nein!“
„Doch, sicher.“
„Sicher?“
„Vielleicht!“
„Vielleicht auch nicht.“
Herr Dubrow äußert sich dazu nicht. Man muss sich ja nicht zwischen die Fronten stellen.
„Und?“ wollen wir wissen, als wir endlich wieder in der Küche sind.
„Sie besitzen nicht den einen großen Stromfresser“, sagt Herr Dubrow. Den würde er oft in Mietwohnungen sehen – zum Beispiel alte, elektrische Warmwasseraufbereiter, die jede Dusche teuer machten. Weil der Vermieter nichts Neues einbauen will und die Mieter es sich selbst nicht leisten könnten. Soviel zur Klimagerechtigkeit.
Zum Abschied fasst Herr Dubrow er noch einmal zusammen: Unser Problem sind viele kleine Stromfresser. Bei denen ließe sich vor allem durch ein bisschen verändertes Verhalten Energie und damit Geld sparen: Lichter löschen, keine Geräte mehr auf Stand-by laufen lassen.
„Und so was lohnt sich wirklich?“ fragt Petra zweifelnd.
„Ja, da lässt sich was rausholen“, sagt Karl-Heinz Dubrow und dass seine Analyse kommende Woche mit der Post käme.
Fazit: Dank der Tipps von Herrn Dubrow konnten wir unseren Stromverbrauch insgesamt um gut 20 Prozent senken. Und auf 25 Prozent kämen wir bei etwas erhöhter Selbstdisziplin.
Petra Pinzler und Günther Wessel sind Journalisten und leben in Berlin. Petra arbeitet in der Hauptstadtredaktion der ZEIT, Günther freiberuflich überwiegend für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zusammen haben sie über ihre familiären Erfahrungen als CO2-Sparer das Buch „Vier fürs Klima“ veröffentlicht.
Sie werden in den nächsten Monaten hier immer wieder über ihre Erfahrungen berichten und freuen sich über Kritik, Anregungen und Ideen.
Vier fürs Klima Cover
Vier fürs Klima. Wie unsere Familie versucht, CO2-neutral zu leben.
https://www.droemer-knaur.de/buch/9559442/vier-fuers-klima