Rückwärts statt vorwärts. Ein klimapolitischer Kommentar zur geplanten Rodung des Hambacher Forstes

Wiebke Lass[1]

Die Räumung des Hambacher Forstes, die am Donnerstag, den 13.9.18, begonnen hat, sorgt momentan für große Schlagzeilen. Die aktuelle Situation kann als (trauriger) Höhepunkt des schon einige Jahre andauernden Konflikts um Rodung oder Erhalt des Waldstücks bezeichnet werden: Mit dem „größten Polizeieinsatz“ der Geschichte NRWs (rd. 3000 Polizist/innen, Räumungspanzer, Wasserwerfer und spezialisierten „Kletterpolizist/innen“) sollen die Rodungsgegener/innen und ihre Baumhäuser aus dem Wald entfernt werden, damit die Fläche für eine geplante Rodung im Oktober diesen Jahres vorbereitet ist.

Worum geht es in diesem Konflikt im rheinischen Braunkohlerevier genau? Der Hambacher Forst (ursprüngl. Bürgewald) befindet sich hälftig in den NRW-Landkreisen Düren und Rhein-Erft. RWE, der zweitgrößte deutscher Energieversorger, betreibt dort einen bedeutenden Braunkohle-Tagebau und hat dazu nach eigenen Angaben von den ursprünglich 4.100 Hektar Waldfläche bislang bereits 3.900 Hektar gerodet. Um die letzten 200 Hektar Waldfläche zu schützen, startete bereits im Jahr 2012 ein „Camp für Klimagerechtigkeit“, in dem zu Beginn des aktuellen Polizeieinsatzes rund 300 Menschen mit 60 Baumhäusern ausharrten.

RWE versus Klimaschützer – Unvereinbare Positionen?

Trotz eines Dialogverfahrens, an dem beide Parteien teilnehmen, bleiben die Fronten verhärtet. „Wie der Tagebau im Hambacher Forst funktioniert und warum eine Rodung notwendig ist“[2] lautet die Überschrift der RWE- Internetpräsenz, in der die Rodungsabsicht offensiv verteidigt wird. Hauptargument aus RWE-Sicht: Die noch in diesem Jahr notwendigen Rodungen seien „…für die Aufrechterhaltung des Tagebaubetriebs und die Kohlegewinnung bereits in den kommenden zwei Jahren notwendig“ (ebd.). Auch verweist RWE auf die vom Energiekonzern getätigten Rekultivierungsmaßnahmen: Demnach wurden im gesamten Rheinischen Revier, in dem nicht nur der Tagebau Hambach, sondern auch andere (z.B. Garzweiler, Inden) Tagebaue betrieben werden, Waldflächen von rd. 8.700 ha neu angelegt und über 10 Mio. neue Bäume gepflanzt.

Die gegnerische Seite hat zwei Hauptargumente: Da ist zum einen der ökologische Wert des Wald-Ökosystems; es handelt sich um einen seltenen, naturnahen Altwaldbestand, indem u.a. mehrere seltene Fledermaus-Arten heimisch sind. Zum anderen deutet schon der Name des Besatzungs-Camps („Klimagerechtigkeit“) auf die klimapolitische Argumentation hin: „Wegen der großen Verantwortung der Kohlestromproduktion für sage und schreibe ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland“ sei deutlich erkennbar, wie „Klimaschutz und Kohleausstieg eng miteinander verzahnt sind“. [3]

Gesellschaftliche Realitäten und klimapolitische Glaubwürdigkeit

Richtig ist, dass es sich bei der Verstromung von Braunkohle um die klimapolitisch problematischste und gleichzeitig relativ ineffiziente (Wirkungsgrad) Form der Stromerzeugung handelt. Richtig ist auch, dass das Rheinische Revier bereits heute als größte CO2-Quelle Europas gilt und die “Kohle-Kommission” gegenwärtig das “Wie” des Braunkohle-Ausstiegs verhandelt, nicht das “Ob”. Richtig ist schließlich, dass Waldökosysteme als CO2-Senke wichtige Funktionen für den Klimaschutz haben. Diese Argumente sprechen aus klimapolitischer Sicht eindeutig gegen die geplante Rodung.

Und es kommen noch weitere hinzu. Gesellschaftliche Realitäten, mit denen ein derart konfrontativer Akt wie die aktuelle Räumung nicht vereinbar ist: Wenn sich allein über 275.000 Menschen in einer Online-Petition gegen weitere Rodungen im Hambacher Forst aussprechen,[4]  ist das ein deutliches Zeichen: Die Menschen können nicht mehr verstehen, wie angesichts des bereits spürbaren Klimawandels heute noch Waldökosysteme für den Abbau fossiler Energieträger vernichtet werden.

Die Situation kann auch deshalb nicht als eindeutig bezeichnet werden, weil gegenwärtig noch Gerichtsverfahren anhängig sind und gleichzeitig die „Kohle-Kommission“, die einen Fahrplan für den Kohleausstieg erarbeitet, bereits im Oktober erste konsensfähige Ergebnisse vorlegen will.

Im Sinne einer Politik, die auf gesellschaftlichen Konsens und eine klimagerechte Zukunft setzt, sollte die Räumung ausgesetzt werden. Es braucht jetzt Zeit und zivilere Formen der Abwägung der unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten und zur Wahrung der klimapolitischen Glaubwürdigkeit Deutschlands. Brachialmaßnahmen weren der komplexen Situation nicht gerecht. Die geplante Rodung ist klimapolitisch und auch vom Politikstil her für Deutschland kein Schritt vorwärts, sondern ein großer Schritt zurück.

 

[1] Die hier wiedergegebenen Ansichten sind die Ansichten der Autorin.

[2] Siehe dazu die RWE Internetpräsenz unter: https://www.hambacherforst.com/ .

[3] Siehe dazu die Internetpräsenz der Waldschützer/innen: https://hambacherforst.org/ .

[4] So bei der Kampagne des Umweltverbandes Greenpeace; siehe online: https://www.greenpeace.de/retten-statt-roden , die nur eine von mehreren ist.

Klimawandel? Aber sicher doch!

Wer an den Klimawandel denkt, hat vermutlich nicht gleich Versicherungen als Akteure im Kopf. Dabei müssen diese sich auf mehreren Ebenen sehr intensiv mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen.

Schon 2012 stellte der Rückversicherer Munich Re in einer Studie fest, dass allein in Nordamerika im ersten Halbjahr die Schäden durch Extremwetterereignisse bei 8,8 Milliarden Dollar lagen – ein bis dato eindeutiger Anstieg.[1]Dürrebedingte Ernteausfälle z.B. sind auch jetzt, sechs Jahre später, aktueller denn je nach diesem Rekordsommer. Unglücklicher weise treffen die klimatischen Auswirkungen häufig auf Regionen, in denen Kleinbauern keine Möglichkeit haben, sich eine teure Versicherung zu leisten oder gar vom Staat Hilfe einfordern können. Ein Ansatz um die Schäden abzufedern sind Mikroversicherungen die mithilfe intelligenter Technologie oder internationaler Entwicklungshilfe gezielt Kleinbauern unter die Arme greifen. InsuResilience zum Beispiel ermöglicht dies und wird seit 2017 von den vereinten Nationen mit 125 Millionen Dollar gefördert. Durch die erhöhte Sicherheit kommen die Versicherten in Notsituationen nicht in die Rolle der Bittsteller, sondern können sich auf ihre Rechte berufen. Außerdem steigt so auch die Investitionsbereitschaft, was zur Steigerung des Umsatzes auf Seiten der Bauern führt.[2]Mehr Informationen zu einem ähnlichen Projekt finden Sie hier.

Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen zu versichern ist allerdings nur eine symptomatische Behandlung, schließlich sind die treibhausgasintensivsten Industriestaaten, und damit die Wurzel des Übels, so fein aus dem Schneider raus. Ganz anders sieht es aus, wenn Versicherer und Rückversicherer ihre finanzstarken Stimmen über ihre Investitionsentscheidungen sprechen lassen. So kündigte Munich Re an, ihre Investitionen in Aktien und Anleihen von Unternehmen, die mehr als 30% ihres Umsatzes aus der Kohlewirtschaft machen, einzustellen. Der damit verbundene Verzicht auf 50 Milliarden Euro ist verkraftbar für den Konzern. Mit dieser Einstellung ist Munich Re nicht allein, auch andere große Versicherer wie die Allianz oder Axa haben ähnliches verlauten lassen. Somit soll der Übergang der Wirtschaft von fossil zu klimaneutral angekurbelt werden.[3]

Entwicklungshilfe auf der einen Seite und ein Machtwort für die Verursacherwirtschaft auf der anderen – was meinen Sie, ist dies ein adäquater Ansatz oder noch längst nicht genug?

 

 

[1]https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/studie-der-munich-re-versicherer-warnen-vor-klimawandel/7043678-2.html?ticket=ST-866253-zwiTtYNY29s1VPv2NaPK-ap4

[2]http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klimawandel-deutschland-stellt-125-millionen-fuer-versicherungen-bereit-15292081.html

[3]http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/klimawandel-sorge-munich-re-steigt-aus-der-kohle-aus-15724159.html?GEPC=s2

 

 

 

 

 

 

„Wir seh’n uns vor Gericht!“ Bürgerinnen und Bürger klagen mehr Klimaschutz ein

Wer sich für Klimaschutz einsetzt, kann das nicht nur durch die Verringerung des eigenen CO2-Fussabdrucks tun – wie die KliB-Haushalte es tun. Mensch kann auch politisch oder sogar juristisch handeln, wie jetzt jüngst geschehen:  Ende Mai haben zehn Familien aus fünf EU-Staaten sowie aus Kenia und Fidschi gemeinsam mit einer Jugendorganisation aus Schweden Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Europäische Union eingereicht. Aus Deutschland ist eine Familie von der Nordseeinsel Langeoog dabei. Sie werfen der EU vor, dass die Klimaziele bis 2030 unzureichend seien, Klimaschäden nicht wirksam begrenzen würden  und damit ihre Grundrechte verletzten. Es klagen ausschließlich Familien, die direkt von den negativen Folgen des Klimawandels bedroht sind. Eine solche Klage ist auf EU-Ebene bisher einzigartig. Die Familien wollen keine Entschädigung, sondern eine bessere Klimapolitik bis 2030, frei nach dem Motto: „Die EU kann mehr, und wir wollen, dass sie mehr tut!“ Ein kurzes Video zu den Hintergründen findet sich hier. Vor einem deutschen Gericht klagt  schon seit Längerem auch ein peruanischer Bauer gegen den Energiekonzern RWE wegen negativer Klimafolgen (vgl. kurz: https://germanwatch.org/der-fall-huaraz).

Im KliB-Newsletter vom 12. Januar hatten wir auf ein Rechtsgutachten von Prof. Felix Ekardt hingewiesen, der das Verfehlen der deutschen Klimaschutzziele 2020 als eine Verletzung des Pariser Klimaabkommens bezeichnet. Auch er betont, dass Klimaschutz ein Menschenrecht darstellt, zu deren Schutz die Politik notfalls auch juristisch verpflichtet werden kann. Wir fragen uns: Wie sehen das die KliB-Haushalte? Könnten Sie sich vorstellen, eine solche Klage zu unterstützen? Antworten dazu gerne auf dem KliB-Forum!

 

 

 

 

 

 

„Kostenloser Nahverkehr im ganzen Land“ – Lernen von Estland?

Mit einer Bevölkerung von 1,3 Mio. ist Estland relativ klein. Die Schlagzeilen, die Estland immer wieder in den internationalen Medien macht, sind dafür umso größer. Typische Themen sind die hohe Innovationsfreundlichkeit und Digitalisierung des Landes oder die geringe Bürokratie. Gegenwärtig werden 100 Jahre Unabhängigkeit gefeiert und die Medien berichten auch über klimapolitisch Interessantes: „Kostenloser ÖPNV in ganz Estland“ liest man gegenwärtig in den News.

Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ist klimapolitisch sicherlich interessant, wenn dadurch mehr Leute ihr Auto stehen lassen oder es ganz abschaffen. In Berlin werden immerhin noch rund 30% der Mobilität mit dem Auto zurückgelegt, rund 70% erfolgen bereits auf klimafreundliche Weise (ÖPNV, Fuß- und Radverkehr) – Tendenz steigend! Das ist bereits besser als in vielen anderen Großstädten, aber um das Ziel eines klimaneutralen Berlins bis 2050 zu erreichen, muss sich dieses Verhältnis noch deutlich verbessern. Eine ältere Studie des Hamburg-Instituts prognostizierte tatsächlich ein Viertel weniger Autofahrten, wenn es auch in Berlin keine Tickets für den ÖPNV mehr gäbe. Gegenwärtig wird das Thema in ganz Deutschland diskutiert und nach der EU-Kritik zum Thema „Luftreinhaltung in den Städten“ an die deutsche Adresse hat es an Brisanz noch gewonnen.

Aber zurück nach Estland: Tatsächlich ist hauptsächlich in der Hauptstadt Tallin sowie in vielen anderen Gemeinden der öffentliche Nahverkehr kostenlos. Und dies schon seit etwa fünf Jahren. Damals – in Zeiten der Finanzkrise – war der kostenlose ÖPNV nach einer Volksabstimmung insbesondere aus sozialen Gründen eingeführt worden. Neu ist, dass seit Mitte 2018 auch Überlandbusse kostenlos genutzt werden können. Fazit: Aus klimapolitischer Sicht bewegt sich der Modal Split in Estland sicher in die richtige Richtung! Und, wenn auch noch nicht alle Verkehrsmittel (z.B. die Bahn) einbezogen sind und das System auch noch nicht ganz flächendeckend ist, so gilt doch: Estland ist weltweit Vorreiter in Sachen kostenloses öffentliches Verkehrsnetz.

Schmelzende Gletscher im US-amerikanischen Glacier National Park. Eine Podcast-Empfehlung

Donald Trump hat bei seiner jüngsten Reise durch Europa für einigen Wirbel gesorgt. Bei vielen Themen zeigte sich Dissens zu den Positionen der europäischen Staaten. Auch bei den Themen „Klimawandel“ und „Klimapolitik“ ist noch keine Abkehr von der gefährlich sorglosen und bremsenden Position des amerikanischen Präsidenten in Sicht.

Vielleicht können daran ja die drohenden Klimafolgen etwas ändern, die z.B. für den Norden der USA zu erwarten sind? In einem Podcast des Radiosenders Deutsche Welle vom 27.7.18 wird über die drohenden Veränderungen berichtet, die „die steinerne Krone des nord-amerikanischen Kontinents“ betreffen: den Glacier National Park in den Rocky Mountains von Montana. Die herrliche Landschaft ist ein Biosphärenreservat und UNESCO-Weltkulturerbe. Wälder, wunderschöne Bergseen wie der Lake McDonald und insbesondere eine große Anzahl von Gletschern (Foto) machen die Besonderheit dieser Wildnis aus. Forschungen deuten nun darauf hin, dass dieses Naturparadies in großer Gefahr ist. In nur 10 bis 15 Jahren könnten die Gletscher geschmolzen sein. Dies wäre eine Schreckensnachricht mit ökologischen, kulturellen und wirtschaftlichen Folgen, nicht nur für die Region, sondern für die gesamte USA.

Nimmt der amerikanische Präsident das selbstgewählte Motto „America first!“ Ernst, so müsste seine Politik rein logisch mindestens die Sicherung der USA vor den Folgen des Klimawandels anstreben. Und er müsste erkennen: Nur eine konsequente Klimaschutzpolitik kann helfen, Naturvermögen von globaler Bedeutung wie etwa den Glacier-Nationalpark, zu bewahren.

Und hier geht’s direkt zum Podcast: https://www.dw.com/de/bald-keine-gletscher-mehr/av-44855596

 

 

 

 

 

Heißer Sommer für den Kohleausstieg – Klimaschutz von unten mit Klimacamps und Ende Gelände

Den meisten Menschen ist bewusst: Wir müssen den Klimawandel stoppen, bevor es zu spät ist. Die Politik scheint diese Dringlichkeit jedoch nicht anzuerkennen. Seit einigen Jahren formiert sich daher ein zivilgesellschaftlicher Protest, der in der Geschichte der europäischen Umweltbewegung seinesgleichen sucht. Das Motto heißt, echter Klimaschutz kann nur von unten gelingen. Mit Aktionsformen zivilen Ungehorsams – dem gemeinsamen Aktionskonsens der Gewaltfreiheit folgend – stellen sich die Protestierenden Braunkohlebaggern, Baumrodungsmaschinen und Kohletransporten in den Weg. Sie machen darauf aufmerksam, wie wichtig der Erhalt unseres Klimasystems für das Überleben auf diesem Planeten ist.

In den nächsten Wochen und Monaten sind zahlreiche Aktionen geplant, die sich angefangen mit gemeinschaftlich organisierten Klimacamps, über Ende Gelände-Aktionen bis hin zu Aktionen für eine autofreie Stadt – für einen großen gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit einsetzen.

Klimacamp im Leipziger Umland (28.07. – 05.08.2018) und Klimacamp im Rheinland (11.08. – 22.08.2018)

Wichtige Orte zum Austausch und Vernetzen sind die in jedem Jahr stattfindenden Klimacamps. Das erste Camp in diesem Jahr feiert seinen Auftakt mit einer Großdemonstration in Leipzig unter dem Motto „Klima retten – Kohle stoppen“. Nach der Demonstration geht es ins Leipziger Umland nach Pödelwitz, wo es vom 28.07. bis 05.08.2018 für 10 Tage ein gemeinsam organisiertes Programm mit vielfältigen Bildungsangeboten, Workshops, Podien und Exkursionen gibt. Innerhalb des Camps setzen sich Menschen aus unterschiedlichsten Motiven mit aktuellen Problemen und Herausforderungen in der Klimagerechtigkeitsbewegung auseinander und suchen gemeinsam nach Alternativen und Lösungen und wie diese praktisch umgesetzt werden können. Das Camp ist ein Ort gelebter Alternativen, an dem sich alle aktiv einbringen können. Sorgearbeiten wie Kochen oder Kompostklos putzen werden von allen erledigt und wichtige Entscheidungen im Konsens getroffen. Es wird gemeinsam gekocht – immer vegan – und alles geschieht möglichst ressourcenschonend. Sehr spannend ist zudem, dass es wieder eine Degrowth-Sommerschule (vom 29.07 bis 02.08 auf dem Camp zu Gast) gibt, in der es in vielfältiger Weise um Themen einer Postwachstumsgesellschaft gehen wird.

Auch das Klimacamp im Rheinland wird sich vielfältigen Themen des gesellschaftlichen Wandels und verschiedenen Aktionsformen des zivilen Ungehorsams beschäftigen. Wie auch das Klimacamp im Leipziger Land wird alles zusammen mit Aktiven aus der Region organisiert, deren Dörfer durch die Braunkohle bedroht sind. Das Verbrennen von Braunkohle ist die klimaschädlichste Art Strom zu erzeugen. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort sollen Perspektiven für einen selbstbestimmten Strukturwandel entwickelt werden.

Ende Gelände

Bildquelle: ende-gelände.org

Ende Gelände hat sich vor 3 Jahren aus der Bewegung der selbstorganisierten Klimacamps herauskristallisiert. Ende Gelände fordert den sofortigen Kohleausstieg und eine sozial verträgliche Transformation sämtlicher fossiler Industrien. Ende Gelände setzt sich für eine basisdemokratische und dezentrale Energiewende ein, in der Menschen über Verbrauch und Produktion selbst entscheiden können.

Seit vielen Jahren gibt es in Deutschland engagierten Widerstand gegen die Tagebaue und die Verstromung von Kohle. Ende Gelände versteht sich als eine Widerstandsform unter vielen gegen die größten CO2-Produzenten Europas. Im Gegensatz zu Blockaden von Baggern in Kleingruppen setzt Ende Gelände auf den Faktor Masse. Dabei soll möglichst vielen Menschen ermöglicht werden, einen Schritt weiter zu gehen als bei Demonstrationen und Menschenketten – und aktiv CO2-Ausstoß zu verhindern.

Ende Gelände findet auch in diesem Jahr neben verschiedenen Aktionen im Ausland wieder im rheinischen Braunkohlerevier statt und zwar vom 25. – 29. Oktober 2018.

Ende Geländewagen

Ende Gelände hat sich bisher vornehmlich dem Thema Kohleausstieg gewidmet. Zunehmend werden auch andere Aspekte der Ursachen des Klimawandels aus der Perspektive der Klimagerechtigkeit diskutiert. Ende Geländewagen ist eine neue Bewegung, die sich mit dem Thema der Verkehrswende auseinandersetzt. Viel zu hohe Schadstoffemissionen in vielen deutschen Städten und die nahezu nicht sinkenden Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors geben den Initiatoren den Anlass, das Thema mit politischen Aktionen des zivilen Ungehorsams in die öffentliche Aufmerksamkeit zu rücken. In der öffentlichen Erklärung von Ende Gelände heisst es:

“In einer Aktion zivilen Ungehorsams werden wir mit unseren Körpern einen symbolischen Ort blockieren. Wir werden uns ruhig und besonnen verhalten, von uns wird keine Eskalation ausgehen, wir gefährden keine Menschen. Wir wollen eine Situation schaffen, die für alle Teilnehmenden transparent ist und in der wir aufeinander achten und uns unterstützen. Die Aktion findet im Rahmen des globalen Aktionstags “Rise for Climate” statt” (Link zum Beitrag).

Die Aktion findet am 8. September 2018 in München statt.

Wer sich über Ende Gelände und die Klimacamps informieren möchte, findet auf den folgenden Seiten umfassende Informationen:

Infos zum Klimacamp im Leipziger Umland (28.07. – 05.08.2018) – https://www.klimacamp-leipzigerland.de/

Infos zum Klimacamp im Rheinland (11.08. – 22.08.2018) – http://www.klimacamp-im-rheinland.de/

Infos zu Aktionen von Ende Gelände 2018 – https://www.ende-gelaende.org/de/

Infos zu Ende Geländewagen (08.09.2018) – https://wagen.ende-gelaende.org/

 

 

 

 

Wir haben die Wahl – Klimawandel und Hitzewellen

In einem Artikel für die Zeitschrift Climatic Change hat eine Forschungsgruppe vom Zentrum für Atmosphärenforschung in Boulder (Colorado) mit Modellensemble-Rechnungen (Nutzung vieler Modelle statt nur eines einzigen) herausgefunden, dass sehr heiße Sommer (basierend auf weltweiten Wetterdaten der Periode 1920 – 2014) im Zuge des Klimawandels massiv zunehmen werden. Falls die weltweiten Emissionen bis zum Ende des Jahrhunderts (2061-2080) so wie bisher zunehmen (Business-as-usual-Szenario), steigt die Wahrscheinlichkeit auf über 80%, dass es dann zu extremen Sommern kommen wird. Schaffen wir es aber, die Emissionen nur halb so stark steigen zu lassen, dann vermindert sich diese Wahrscheinlichkeit deutlich. Im besonders bevölkerungsreichen Europa etwa um 50% – das Gleiche gilt für Brasilien oder China. Wie wir aus anderen Studien wissen, fordern extreme sommerliche Hitzeereignisse gerade in Städten zahlreiche Todesfälle – in Berlin etwa jährlich rd. 1.400. Eine Minderung der anthropogenen Treibhausgasemissionen lohnt sich also auf jeden Fall, ja stellt ein ethisches Gebot dar. Und wenn alle Haushalte ihre CO2-Emissionen sogar noch senken würden – so wie bei KliB angestrebt – dann könnten wir noch mehr Hitzeschäden und –tote vermeiden!

Quellen:

Lehner, Flavio; Deser, Clara; Sanderson, Benjamin M.  (2018): Future risk of record-breaking summer temperatures and its mitigation. Climatic Change, 146(2018): 363-375.

Scherer, Dieter u.a. (2013): Quantification of heat-stress related mortality hazard, vulnerability and risk in Berlin, Germany. DIE ERDE 144 (3-4), 238-259.

(Kein) Geld (mehr) für Lastenräder vom Berliner Senat

Die Idee ist gut: Lastenräder brauchen weniger Platz, sie sind klimafreundlicher, sauberer und leiser als Autos oder Lieferwagen, brauchen keinen großen Parkplatz und schaffen doch eine Menge weg. Ihr Erwerb sollte daher vom Berliner Senat finanziell gefördert werden. Für Gewerbetreibende, aber auch für Privatpersonen, die ein Lastenrad für den täglichen Einkauf oder Kindertransport nutzen wollen, legte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz daher ein Förderprogramm auf: 200.000 € in diesem und 500.000 € im nächsten Jahr. Gefördert werden maximal ein Drittel der Kaufsumme –  angesichts von Anschaffungspreisen von 1.200 – 2.500 € für gute Lastenräder schon ein Anreiz. Nach einer Woche sieht es so aus, als sei der 2018er Topf bereits leer, jedenfalls schreibt SenUVK: „Wir bitten von weiteren Anträgen abzusehen, da aller Voraussicht nach die Fördersumme ausgeschöpft werden wird.“ (https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/politik_planung/rad/lastenraeder/index.shtml#aktualisiert).

Allerdings können auch Fahrgemeinschaften sowie gewerbliche/freiberufliche Nutzer_innen einen Antrag stellen – und ob die Mittel für diese Zielgruppe schon aufgebraucht sind, wird derzeit noch geprüft. Die Förderrichtlinie jedenfalls kann man hier einsehen: https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/politik_planung/rad/lastenraeder/download/forderrichtlinie_lastenraeder.pdf

Vielleicht finden sich ja noch Nutzungsgemeinschaften oder gewerbliche Nutzer_innen, die auch 2018 noch Chancen auf Förderung haben. Und wie gesagt: für 2019 sollen noch einmal 500.000 € zur Verfügung stehen! Gewerbliche Interessent_innen, die ein Lastenrad 1-3 Monate einmal kostenfrei ausprobieren möchten, können sich übrigens auch an velogut (www.velogut.de) wenden – dieses BMUB-geförderte Projekt wurde 2018 mit dem Klimaschutzpartner Berlin-Preis ausgezeichnet.

KliB findet: Die Lastenrad-#Initiative des Senats ist eine sehr gute Idee! Der umwerfende Erfolg – die Privaträderfördersumme war innerhalb einer Woche aufgebraucht – zeigt aber auch, dass hier noch mehr Potenzial steckt. Viele Menschen würden vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, auch im Lastenbereich, und mit vergleichsweise geringen Mitteln können größere private Investitionen ausgelöst werden.

Die Macht der Gewohnheit

Schon über 190 Tage haben Sie Ihr Leben klimafreundlicher gestaltet – herzlichen Glückwunsch!

Im Rahmen des KliB-Projekts tracken sie ja nicht nur Ihre CO2-Emissionen, viele von Ihnen versuchen auch Ihr Verhalten zu verändern, um einen niedrigeren Verbrauch zu erreichen. Am leichtesten wäre es natürlich, wenn wir die klimafreundlicheren Entscheidungen einfach so, ohne groß nachzudenken, treffen würden. Mit anderen Worten: Alles wäre leichter wenn sie bereits zur Gewohnheit geworden wären.

Natürlich kommt es auch darauf an, was genau Sie sich vornehmen und wie groß Ihre persönlichen Hürden dafür sind, ob Sie z.B. statt Kuhmilch Hafermilch für Ihren morgendlichen Kaffee verwenden oder das Fahrrad statt dem Auto zur Arbeit nehmen.

Gewohnheiten erleichtern (oder erschweren) uns den Alltag, denn unser Gehirn kann quasi auf Sparflamme schalten, wenn eine Handlung routiniert durchgeführt werden kann, ohne, dass der Prozess aufwändig durchdacht werden muss – Gewohnheiten sind sozusagen Formen des „Energiesparens“ für unser Gehirn. Bei einer Studie des University College London zur Aneignung von Gewohnheiten brauchten die TeilnehmerInnen zwischen 18 und 254 Tagen, um sich neue Gewohnheiten in Bereichen wie Ernährung oder Sport anzueignen. Die ForscherInnen versuchten herauszufinden, wie lange es dauert, bis aus einer geplanten Handlung ein Automatismus wird und wieviel Bedeutung Versäumnisse im Prozess der Gewohnheitsbildung haben. Die 96 TeilnehmerInnen durften sich selbst aussuchen, was genau die Handlung sein sollte, mit der Voraussetzung, dass diese täglich einmal durchgeführt werden kann. 84 Tage lang sollten sie jeden Tag am Computer auf einer Website angeben, ob Sie Ihre Handlung umgesetzt hatten oder nicht. Im Durchschnitt dauerte es 66 Tage, bis die Gewöhnung eingetreten war.

Vielleicht können Sie ja ein paar Parallelen zwischen der Studie und Ihrer persönlichen Erfahrung in unserem Projekt ziehen oder etwas Inspiration und Motivation daraus schöpfen. Wie lange haben Sie etwa gebraucht, um eine Verhaltensroutine zu ändern?

Natürlich wissen wir alle: Wenn es um den Klimawandel insgesamt geht, dann reichen individuelle Verhaltensänderungen nicht aus. Martina Schäfer, Professorin an der TU Berlin, meinte dazu passend in einem lesenswerten Beitrag für die Zeit: „Wenn wir in unserer Gesellschaft etwas ändern wollen, dann reicht es nicht, die Verantwortung Einzelnen zuzuweisen. Erst wenn die Politik den Rahmen setzt, Arbeitgeber Anreize für ihre Mitarbeiter bieten und sich gesellschaftliche Leitbilder wandeln, können gesellschaftliche Veränderungen funktionieren.“[1]

Da hat unser KliB-Beiratsmitglied Recht! Klimaschutz mit dem Langfrist-Ziel der Klimaneutralität geht nur, wenn individuelle Verhaltensänderungen durch die Änderung der politischen Rahmenbedingungen auch belohnt statt bestraft werden. Fragt sich also: Welche Gewohnheiten muss eigentlich die Politik ändern?

 

[1] Zeug, Katrin (2013): Mach es anders! In: Zeit Online, Online: https://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/02/Psychologie-Gewohnheiten/seite-5 [Letzter Zugriff: 07.07.2018]

Zwei KliB Haushalte für Comic-Reportage gesucht

Hallo, liebe KLIB-Haushalte!

Mein Name ist Jana Kreisl. Ich bin Graphische Journalistin und plane eine Reportagenserie zum Thema “Nachhaltiger Konsum und Klimawandel”. Wenn die Reportage fertig ist, soll sie in dem Internet-Magazin “Perspective Daily” erscheinen.

Gerne würde ich zwei KLIB-Haushalte besuchen, an Erfahrungen teilhaben und schauen, in welchen Kleinigkeiten sich klimafreundlicher Konsum im Alltag realisiert.

Das Besondere bei meiner Arbeit: Ich schreibe keine Reportage mit Worten. Vielmehr zeichne ich, was Ihr mir erzählt oder was ich sehe. Am Ende entseht ein kleiner Comic, über Menschen, die versuchen, ihren Alltag klimafreundlicher zu gestalten.

Meine Zeichnungen wahren die Anonymität, d.h. die Privatsphäre der Haushalte, die sich darauf einlassen möchten, bleibt zu 100% gewahrt. Es wird auch keine Fotos geben und ich  komme allein.

Kurz zu meiner Person: Ich habe Illustration und Comic an der Kunsthochschule Kassel studiert und arbeite als Zeichnerin, Graphic Recorderin und Graphische Journalistin. Mein erstes Buch ist hier https://www.jajaverlag.com/ton-und-scherben/ erschienen.

Neugierig? Sie  können sich vorstellen mitzumachen? Dann schreiben Sie einfach eine Mail an klib@pik-potsdam.de mit dem Betreff “Jana Kreisl”. Ich würde mich dann umgehend melden.

Schon jetzt frue ich mich auf Rückmeldungen!

Sommerliche Grüße

Jana