Das Tracking-Verhalten der KliB-Haushalte

Wie versprochen, stellen wir im KLIB-Newsletter in loser Folge statistische Ergebnisse des Projekts vor. Heute geht es um die Nutzung des CO2-Trackers. Das Tracking-Verhalten der KliB-Haushalte ist eine Schlüsselgröße für den Projekterfolg und wird vom KliB-Team entsprechend aufmerksam verfolgt.

Die Grafik zeigt das Tracking-Verhalten der KLIB-Haushalte in den Kalenderwochen (KW) 6 bis 39. Es werden vier Gruppen von Haushalten unterschieden: Bestes Drittel (grün), Mittelfeld (gelb) und schlechtestes Drittel (hellrot). Dunkelrot sind jene 11 Haushalte eingezeichnet, die am wöchentlichen Tracking nicht ein Mal teilgenommen haben (Grafik: Lutz Meyer-Ohlendorf).

In der Grafik werden Veränderungen im Tracking-Verhalten sichtbar. Zunächst aber ein andere Aspekt, der manche vielleicht erstaunt: die Grundgesamtheit. Zu erkennen ist, dass KLIB zwar als Reallabor mit 100 Haushalten angelegt ist. Tatsächlich sind aber deutlich mehr Haushalte dabei (siehe senkrechte Achse).

Dahinter stecken zwei Gründe: 1. Über die große Resonaz auf das KLIB-Reallabor waren wir Ende 2017 positiv überrascht:es gab eine viel größere Menge an engagierten Menschen, die gerne mitmachen wollten (noch immer führen wir eine Interessentenliste für ein etwaiges Folgeprojekt). 2. Am Beginn eines Projekts ist nicht abzuschätzen, ob es eine Abrecherquote geben wird, bzw. wie hoch diese ggf. ausfällt. Auch um in dieser Hinsicht vorzubeugen – 100 Haushalte sollen es am Ende 2018 auf jeden Fall noch sein – haben wir nicht allen abgesagt, die über die 100er-Marke hinaus noch mitmachen wollten.

Überblickt man nun den Verlauf und den Stand des Trackings heute (siehe waagerechte Achse, KW 39, vgl. Grafik), dann fallen verschiedene Dinge auf:

  1. Es gibt – wie zu erwarten war – unterschiedliche Tracking-Intensitäten. 66 Haushalte sind auf dem aktuellsten Stand und haben so gut wie keine Woche verpasst. Eingeschlossen hier sind auch alle, die etwaige Lücken (z.B. urlaubsbedingt) nachgetragen haben (“bestes Drittel”). 26 Haushalte befinden sich im Mittelfeld, d.h. sie haben etwas größere Lücken im Tracking, 46 Haushalte weisen sehr große Lücken auf. 11 Haushalte haben überhaupt nicht getrackt, hatten sich aber am Projekt angemeldet, die Baseline-Erhebung 2017 ausgefüllt und sind evtl. auf andere Weise (Forum, Mails, facebook etc.) aktiv.
  2. Sehr positiv ist zu vermerken, dass über die ganze Zeit die “Tracking-Disziplin” nur leicht abgenommen hat, obwohl es natürlich immer schwieriger wird, große Reduktions-Erfolge zu erzielen.
  3. Nach Ostern (KW 13) konnte das Tracking-Verhalten etwas verbessert werden, seit den Sommerferien (KW 31) verschlechterte es sich etwas.

Aus Projekt-Sicht bedeuten diese Zahlen zweierlei. Zum einen begreifen wir es als großen Erfolg, dass heute – nach so vielen Monaten – noch über 92 Haushalte gut bzw. sehr gut dabei sind! Wir wissen, dass man im Alltag oft wenig Zeit hat und es andere teils wichtigere und auch schönere Dinge gibt! Für Ihr Engagement möchten wir uns daher bei dieser Gelegenheit ganz herzlich bedanken!

Zum anderen nehmen wir die kleine Flaute seit den Sommerferien ernsthaft wahr. Wir appelieren an  Sie/Euch, liebe nicht ganz so fleißige Haushalte, nicht aufzugeben und bei der Stange zu bleiben – jeder Haushalt zählt!

Auch wir lernen selbstkritisch, dass wir uns in diesen letzten Monaten noch einmal etwas einfallen lassen müssen, um interessant zu bleiben und auch die nicht so aktiven Haushalten wieder zu aktivieren. Neben der klassischen Erinnerungsmail etwa durch thematische Veranstaltungen, zu denen wir noch einladen werden. Denn je größer und dichter das “Zahlenwerk”, auf das wir unsere Aussagen stützen können, desto fundierter die Ergebnisse.

Fritz Reusswig

Haben Sie/Ihr weitere Anregungen zum Thema Tracking? Antworten gerne im Forum oder auch per mail an klib@pik-potsdam.de.

 

Schlüsselsektor „Verkehr“: Auf dem Weg zur fossilfreien Mobilität

Benzin- und dieselbetriebene Autos fallen fast immer durch, wenn es um eine klimapolitische Bewertung geht! Nur wenige schaffen es – so wie dieses Beispiel – einen positiven Beitrag zur Luftqualität zu leisten.

Das Thema „Auto“ ist in den letzten Tagen wieder in aller Munde. Die EU berät über neue Grenzwerte für den CO2-Ausstoß im Straßenverkehr und in Berlin wurden erstmals Diesel-Fahrverbote wegen zu hohem Stickstoffdioxid Ausstoß angeordnet. Klar ist: Um die Umwelt zu schützen, müssen in diesem Sektor schnellere und mutigere Schritte erfolgen!

Am 3.10. haben die Umweltminister*innen der EU eine Senkung der Grenzwerte für den CO2 Ausstoß von Automobilen beschlossen. Um 35 % soll der durchschnittliche CO2 Wert je gefahrenem Kilometer gesenkt werden, von 95 g/km auf ca. 62 g/km [1]. Doch kaum beschlossen werden die neuen Grenzwerte schon wieder diskutiert. Das EU-Parlament fordert strengere Vorschriften, während einige Regierungen schon die 35 %-Einsparung zu hoch finden.

So auch Deutschland[2]. Aus Angst der Automobilindustrie zu sehr zu schaden setzten sich die Vertreter in Brüssel für weniger strenge Richtwerte ein. Bis ein Kompromiss gefunden ist, können noch Wochen vergehen. Doch das Problem der klimaschädlichen Autos wird nicht nur auf Europa-Ebene diskutiert.

Auch in Berlin ist die Aufregung um den Straßenverkehr gerade groß. Hier geht es um den überschrittenen Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in der Luft. Hauptverursacher dieses gesundheitsschädigenden Gases sind Diesel-Fahrzeuge. Das Land Berlin wurde nun durch das Berliner Verwaltungsgericht verpflichtet, lokale Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Euro Abgasnorm 1-5 einzurichten. Insgesamt 11 Straßenabschnitte in der Innenstadt dürfen laut Beschluss vom 9.10.18 ab Juni 2019 durch diese Autos nichtmehr genutzt werden. Für 117 andere Straßenabschnitte in Berlin, die eine Gesamtlänge von 15 km haben, könnte das Verbot auch zutreffen. Laut Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA)[3] waren in Berlin Anfang 2018 über 200.000 Diesel-Pkw zugelassen, die von der neuen Regelung betroffen sein werden, etwa jedes sechste Auto also[4].

Die Bundesregierung versucht das Problem der umweltbelastenden Pkw durch Hardware-Nachrüstungen und Kaufanreize für neuere, etwas sauberere Diesel zu lösen. Doch weder wollen die Automobilhersteller die Kosten übernehmen, noch ist der Ansatz besonders zukunftsweisend, da er allenfalls eine graduelle Verbesserung bringt. Es scheint, als können die Deutschen nicht ertragen, dass sich die Zeit des klimaschädlichen Verbrennungsmotors dem Ende neigt.

Während im deutschen Bundestag noch über lokale Diesel-Fahrverbote und Höchstgrenzen des CO2 Ausstoßes gestritten wird, haben andere Staaten schon eine Strategie zum komplett fossil freien Verkehr entwickelt: Autos mit Verbrennungsmotoren sollen gänzlich durch emissionsfreie Varianten ersetzt werden.

So hat Dänemarks Premierminister Lars Rasmussen erst letzte Woche infolge einer Volksabstimmung angekündigt, dass bis 2030 der Verkauf von reinen Diesel und Benzin Neuwagen gestoppt werden soll. Ab 2035 dürfen dann nur noch Elektro Autos verkauft werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen von den rund 2 Millionen privaten Fahrzeugen in Dänemark bis zum Jahr 2030 die Hälfte aus Hybrid und Elektroautos bestehen[5].

Dieses Vorhaben ist zwar sehr ehrgeizig, doch bei Weitem nicht das Einzige seiner Art. Auch in Belgien und Schottland sollen ab 2030 nur noch Autos mit alternativem Antrieb verkauft werden. Frankreich und Großbritannien stecken sich dieses Ziel für 2040. Das es auch funktionieren kann, zeigt uns Norwegen: Ab 2025 sollen ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge verkauft werden. Lag der Anteil der E-Autos an den Neuzulassungen 2013 noch bei 5,5 %, so ist er bis 2017 auf 20,8 % gestiegen[6]. Heute ist schon jede zweite Neuzulassung ein Hybrid- oder Elektrofahrzeug, sodass die Norweger gegenwärtig vor allem ein Problem bei der Umstellung haben: die Lieferkapazität für elektrische Fahrzeuge.

Klara Kaiser

 

[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/eu-grenzwerte-autos-105.html

[2] https://www.deutschlandfunk.de/co2-senkung-bei-neuwagen-kritik-an-eu-umweltministern-von.1939.de.html?drn:news_id=933816

[3] https://www.kba.de/DE/Home/home_node.html

[4] http://www.spiegel.de/auto/aktuell/diesel-fahrverbote-in-berlin-die-wichtigsten-fragen-und-antworten-a-1232400.html

[5] https://www.euractiv.com/section/electric-cars/news/denmark-to-ban-petrol-and-diesel-car-sales-by-2030/

[6] Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/vorreiter-aus-skandinavien-e-auto-boom-oslo-wir-haben-ein-problem/21150364.html

“Was kann ich noch tun?” – KLIB-Haushalte melden sich zu Wort

In diesem neuen Format wollen wir in den verbleibenden Monaten des Reallabors Haushalte mit ihren Erfahrungen, Anregungen etc. zu Wort kommen lassen.[1] Den Anfang macht Laura (Nickname im Projekt: Laburnam). Sie spricht eine Frage an, die uns gerade nach den Sommerferien  telefonisch oder per Email schon von mehreren anderen Haushalten gestellt wurde.

Was kann ich noch tun?

Verschrumpelte Radischen, Himmel-“fern”-gucken auf dem Tempelhofer Feld, kaltes klares Wasser… und dann? Nachdem ich seit Beginn der KliB-Studie wöchentliche Alltagsumstellungen ausprobiert, verworfen, angepasst und auch mal beibehalten habe, gehen mir nun langsam die Ideen für weitere Einsparungen aus.

Ich ernähre mich zu 90% von geretteten Lebensmitteln (womit auch gleich viel weniger Plastikmüll anfällt) und versuche mich in vaganer Ernährung (aktuell 20kg CO2/Woche, 1,15 t /Jahr). Ich fahre ausschließlich Fahrrad und lerne im Urlaub die überraschend schöne nähere Umgebung mit dem Zug oder Auto kennen (0-80kg CO2/Woche, 1,51 t /Jahr). Dabei lerne ich: Weniger Arbeit = mehr Zeit = weniger CO2 beim Unterwegssein. Kalt duschen und warme Pullover (und wahrscheinlich eine gute Durchblutung, hihi) führen bei mir zu 0,8kg CO2/Woche, 0,7 t /Jahr. Durch die Ernergieberatung des BUND kam es zu LED-Beleuchtung und Waschveränderung (0,4kg CO2/Woche, 0,02 t /Jahr). Und Sachen reparieren, finden, leihen und verschenken funktioniert (25kg CO2/Woche, 2,33 t /Jahr). Nur sehr wenige Dinge – Schminke, Klopapier und Shampoo – sind bisher noch unberührt…
Ich empfinde das meiste nicht als Verzicht, sondern in vielerlei Hinsicht als Bereicherung (Zeit, Erlebnisse, Sinneswahrnehmungserweiterung)! Ob ich diese Lebensweise nach diesem Jahr so beibehalte, weiß ich natürlich nicht. Aber sie gefällt mir sehr!

Abgesehen von den Möglichkeiten der Politik, wie z.B. Fahrverbote, CO2-Steuer oder Abbildung von Folgenkosten bei der Preigestaltung, stelle ich mir (und Euch) die Frage: Was kann ich als Privatperson noch konkret tun, um hier in unseren Gesellschaftsverhältnissen und der vorteilhaften Infrastruktur einer Großstadt meinen CO2-Verbrauch zu verringern???

Viele Grüße, Laura

 

[1] Hast Du/ Haben Sie ebenfalls ein Thema, das auch für andere Haushalte interessant ist? Und Du/ Sie möchten dazu gerne einen Newsletter-Beitrag verfassen? Dann würden wir uns über eine Nachricht an klib@pik-potsdam.de mit dem Stichwort “NL-Beitrag” freuen.

Neuer IPCC-Sonderbericht verschärft globale klimapolitische Zielsetzung des Paris Abkommens

Viele gravierende Klimafolgen für Mensch und Natur – wie z.B. die existenzielle Bedrohung von Korallenriffen – ließen sich abmilden, wenn es gelänge, die durchschnittliche Erderwärmung bei 1,5° C zu stabilisieren.

Am 8. Oktober 2018 hat der Weltklimarat IPCC einen Sonderbericht über eine globale Erwärmung von 1,5 Grad Celsius vorgelegt[1]. Die Aufgabe war, auf der Basis der Auswertung des weltweiten Forschungsstands mehr Klarheit und Sicherheit hinsichtlich der im Pariser Klimaabkommen vom Dezember 2015 beschlossenen Ziele geschaffen werden: Dort wird ja bekanntlich eine Begrenzung der Erderwärmung auf einen Anstieg von maximal 2, besser 1,5 Grad Celsius.

Der IPCC-Sonderbericht “Global Warming of 1,5°C” ist auch eine große Herausforderung für die deutsche Klimapolitik. Siehe weitere Informationen sowie die englischsprachige Originalfassung unter http://www.ipcc.ch/report/sr15/

Der neue IPCC-Sonderbericht macht deutlich, dass zwischen diesen beiden Zielmarken durchaus bedeutsame Unterschiede bestehen. Die negativen Folgen einer Erderwärmung um 2 Grad (verglichen mit 1,5) sind signifikanter, als bisher gedacht. Das heißt, es käme weltweit noch häufiger zu Hitzewellen, zu Starkregen und zu extremen Dürren. Weltweit relevante Ökosysteme wie die Korallenriffe oder die Polregionen wären existenziell bedroht, der Schwund dieser Gebiete hat bereits begonnen.

Umgekehrt heißt das, dass durch eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 statt auf 2 Grad viele Schäden und auch menschliches Leid vermeiden würde. 50 Prozent weniger Menschen wären in diesem Fall etwa von Wassermangel betroffen, das Armutsrisiko sinkt deutlich, es gäbe weniger Umweltflüchtlinge. Die Kernbotschaft des IPCC-Sonderbericht lautet daher: Klimapolitische Ziele sind nicht aufzuweichen, sondern müssen im Gegenteil enger gefasst werden als noch im Pariser Abkommen gedacht: 1,5° muss die Richtmarke sein.

Was bedeutet das für die deutsche Umwelt- und Klimapolitik? Die Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat diese Botschaft vor dem Bundestag angenommen und betont, dass sie den Klimaschutz (z.B. im Rahmen eines neu auf den Weg zu bringenden Klimaschutzgesetzes) jetzt umfassender und verbindlicher gestalten möchte[2]  Bislang konnte man von bundespolitischer Seite eher Tendenzen zur Aufweichung von Klimazielen wahrnehmen – wir dürfen also gespannt sein, was aus der Ankündigung der Ministerin jetzt folgt.

Auf alle Fälle gilt: Die Bemühungen der KliB-Haushalte in unserem Realexperiment sind genau das, was es auf Seiten der Bürger*innen braucht, um diese anspruchsvollen Ziele zu erreichen!

Klar ist natürlich: Selbst die besten der KliB-Haushalte liegen mit ihren Emissionen – hochgerechnet auf Deutschland – noch über sowohl dem 2 als auch dem 1,5 Grad-Ziel. Aber die KliB-Haushalte bewegen sich in die richtige Richtung – und nicht in die falsche. Und: die KliB-Haushalte wissen, dass sie die Politik auch in die Pflicht nehmen müssen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen noch klimafreundlicheren Lebensstil ermöglichen und nicht – wie leider jetzt noch allzu häufig – ihn erschweren!

 

[1] Die deutsche Zusammenfassung des IPCC-Sonderberichts findet sich online unter https://www.bmu.de/pressemitteilung/wissenschaft-sieht-schon-bei-15-grad-erwaermung-weltweite-risiken-fuer-mensch-und-natur/

[2]. Online nachzulesen unter: https://www.bmu.de/rede/rede-von-svenja-schulze-zur-aktuellen-stunde-im-bundestag/

Maßlos! – Klimapolitischer Kommentar II zur geplanten Rodung des Hambacher Forstes

Maßlosigkeit anstelle von Klugheit scheint die Geschehnisse am Hambacher Forst immer mehr zu kennzeichen

 

von Wiebke Lass

Nach einem zeitweiligen Stopp der Räumung wegen des Todes eines Journalisten, geht die Räumung des letzten Baumhaus-Dorfes seit letztem Mittwoch wieder weiter. Verschiedene Aspekte lassen diese Aktion aus meiner Sicht immer absurder erscheinen. Selbst wenn man die proklamierten Ziele der NRW-Landesregierung oder der RWE AG einmal zugrunde legt, stellt sich die Frage: Wieviel Aufwand betreiben Politik und Polizei um welches Ziel zu erreichen?

Dass der Aufwand immens ist, ist wohl unbestritten: Allein rund 1.000 Beamte pro Tag im 12-Stunden-Schichtwechsel sind mit der Räumung beschäftigt; hinzu kommt eine enorme technische Ausstattung von schweren Räumfahrzeugen bis hin zu Pfefferspray. Ich frage mich: Wie teuer ist so etwas eigentlich pro Tag? Ist allein aus finanzieller Sicht die Zweck-Mittel-Rationalität noch gewahrt? – Aber es gibt auch „Kosten“ des Einsatzes, die sich nicht in Geld aufwiegen lassen: Ein 27jähriger Mann hat mit dem Leben bezahlt, eine weitere junge Frau wurde am Mittwoch beim Sturz von einer Leiter schwer verletzt. Einige Bäume des ökologisch wertvollen Altwaldes wurden bereits gefällt. Hinzugerechnet werden muss meines Erachtens auch der gesellschaftliche Schaden, den diese Aktion verursacht hat: Polizeigewalt und Konfrontation spalten die Gesellschaft, anstatt sie zusammen zu führen. Sie sind eines Landes unwürdig, dass sich gerne als hoch entwickelt und kultiviert begreift. Damit werden Werte wie gesellschaftliches Vertrauen und Zusammenhalt ein Stück weit zerstört; Werte, die doch in vielen wichtigen Auseinandersetzungen so dringend gebraucht werden.

Welche Ziele schließlich motivieren diesen Riesenaufwand? Einfach gefragt: Warum das Ganze? – Ist doch klar, denken Sie nun, es geht um Kohleförderung. Um unsere Energieversorgung. – Falsch gedacht! Tatsächlich gibt es bei der Begründung des Einsatzes eine Konfusität, die, mit Verlaub, nur noch vom Kasperle-Theater übertroffen wird.

So wirkte die offizielle Begründung der Landesregierung für den Start der Räumung schon ziemlich absurd. Um Lebensgefahr aufgrund eines nicht ausreichenden Brandschutzes von den Bewohner*Innen abzuwenden, sei die sofortige Räumung notwendig, hieß es vom CDU-geführten Innenministerium NRWs. So absurd diese Begründung auch klingen mag (sechs Jahre war dies kein Problem und die heißen Sommermonate mit hoher Waldbrandgefahr liegen gerade hinter uns), Versuche, eine Einstweilige Verfügung zu erwirken, blieben erfolglos. – Selbst wenn diese Begründung offensichtlich für die rechtliche Legitimierung des Räumungsbeginns ausreichte, frage ich mich, ob angesichts der hohen (materiellen und immateriellen) Kosten des Einsatzes auch heute noch von Verhältnismäßigkeit gesprochen werden kann. Mit jedem Tag stellt sich diese Frage lauter: Das alles aus Gründen des Brandschutzes?

Das wahre Ziel ist der Kohleabbau, das weiß doch jeder, werden Sie jetzt denken. Wieder falsch! – In Wirklichkeit hat die geplante Rodung nichts mit dem Energieträger Kohle zu tun! So zumindest die neuste Äußerung des RWE-Chefs Rolf Martin Schmitz im Handelsblatt vom 27.9.18 – und der muss es ja eigentlich wissen, oder? Der Hambacher Forst werde „zu Unrecht zum Symbol” im Streit um die Kohle gemacht, heißt es dort. Und ganz deutlich wird gesagt, dass selbst im Falle eines sofortigen Stopps des Tagebaus, der Wald trotzdem gerodet werden müsse, weil – bitte festhalten! – weil so Schmitz: „Wir brauchen diese Erdmassen, um die Böschungen dauerhaft zu stabilisieren”.

Welche Kasperle-Puppe wurde dann da plötzlich aus dem Ärmel gezaubert?, fragt man sich als verwunderte Außenstehende. Das ganze energiepolitische Kartenhaus bricht mit dieser Argumentation zusammen, es geht schlicht um Erde, um die Stabilisierung einer Böschung. – Ist das vielleicht die Kernbotschaft einer viele tausende Euro teuren, speziell entwickelten Kommunikationsstrategie, die verhindern soll, dass die RWE AG in diesem Konflikt mit Loser-Attributen wie „Bremser“, „Innovationsverweigerer“ oder Energiewende-Gegner“ belegt wird? Dass sich die Kohlekommission oder andere Akteure der Energiewende vielleicht schon bald auf die Seite des Walschutzes stellen werden, um noch vorhandene Mengen an Glaubwürdigkeit zu retten? – Bei mir persönlich trägt der Argumentationssalto des Herr Schmitz jedenfalls nicht zu einer Glättung der Wogen bei – im Gegenteil. Er bestätigt den Eindruck von der Unangemessenheit und Maßlosigkeit der Aktion – selbst an den von NRW und RWE selbst geäußerten Zielen gemessen – nur noch mehr. So sprechen nicht Verstand und Vernunft, so spricht Absurdistan!

Kommentare willkommen!

Die hier wiedergegebenen Ansichten sind die persönlichen Ansichten der Autorin und müssen nicht mit denen des Projekts oder des PIK übereinstimmen.

“Superfood” – Exoten mit langer Anreise

Für viele Menschen gehören Mango, Goji-Beeren, Avocado und Chia-Samen gegenwärtig zum Alltag, sie sind fast überall erhältlich und gewinnen an Beliebtheit. Sie werden als Superfoods vermarktet, sollen die Gesundheit fördern und das Wohlbefinden steigern. Doch wie wirkt sich unser Hunger auf exotische Nahrungsmittel auf die CO2-Emissionen aus?

Um dieser Frage nachzugehen, sind Herkunft und Transport der Produkte entscheidend. Die exotischen Früchte und Samen haben eine lange Reise hinter sich, bis sie bei uns in den Regalen landen. Von den Anbaugebieten, die vor allem in China, Indien und Lateinamerika liegen, werden sie per Flugzeug, Schiff und Lkw um die halbe Welt transportiert.

Dabei ist der Luftweg besonders belastend für das Klima. Laut einer Studie der Verbraucherzentralen[1] kommt zwar nur ca. 1 % der importieren Lebensmittel per Flugzeug nach Deutschland, doch machen diese 10 % bis 16 % der Treibhausgasemissionen aus, die durch den Import von Nahrung insgesamt hervorgerufen werden. Beim Lufttransport von einem Kilogramm Lebensmitteln entstehen im Vergleich zum Transport per Schiff bis zu 170 Mal so viele CO2-Äquivalente. Besonders schnell verderbliche Waren, wie Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch werden auf dem Luftweg eingeführt.

Für uns als Verbraucherinnen und Verbraucher ist leider kaum zu erkennen, woher ein Produkt stammt, und wie es transportiert wurde. Die Herkunftskennzeichnung wird durch die EU-Lebensmittel-Informationsverordnung[2] von 2014 geregelt. Bei frischem Fleisch, Eiern, Honig und auch frischem Obst und Gemüse muss demnach die Herkunft angegeben werden. Andere Nahrungsmittel, wie z. B. Superfoods und verarbeitete Produkte können auf freiwilliger Basis gekennzeichnet werden. Über den Transport dieser Lebensmittel werden die KonsumentInnen deshalb fast nie informiert und es gibt keine einheitliche Kennzeichnung.

Wer über das Essen auf dem Teller Bescheid wissen möchte, sollte also lieber auf lokale Produkte zurückgreifen.

Und zwar nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für die eigene Gesundheit: Leinsaat und Schwarze Johannisbeere stehen Chia und Goji in keiner Weise nach! Im Gegenteil, sie sind oft sogar gesünder. Wie in einer Studie von „Global 2000“[3] festgestellt wurde, haben die sogenannten Superfoods häufig nicht nur einen großen CO2-Fußabdruck, sondern enthalten auch Rückstände von Pestiziden und Schwermetallen, die in der EU verboten sind.

Sich klimaschonend und gesund zu ernähren passt also gut zusammen!

 

 

 

[1] Dr. Markus Keller, im Auftrag der Verbraucherzentralen (2010):

https://www.verbraucherzentrale.nrw/sites/default/files/migration_files/media165531A.pdf

[2] Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 der Europäischen Parlaments und des Rates (25.10.2011)

eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:304:0018:0063:de:PDF

[3] Global 2000, Südwind, Niederöstereich (2017):

https://www.global2000.at/sites/global/files/Superfoods_Test.pdf

Erfolge im KLIB Reallabor – ein erster Zwischenstand

Welche Erfolge hat das Reallabor bisher gebracht? Diese Schlüsselfrage bewegt uns immer wieder. Und auch viele Haushalte, die mitmachen, dürften auf eine Antwort sehr gespannt sein. Im KLIB-Newsletter werden wir in der nächsten Zeit in loser Folge immer wieder Ergebnisse vorstellen.

Hier berichten wir nun über die ersten Ergebnisse der Auswertung des 1. Halbjahrs 2018. Ausgewertet wurden in dieser ersten Runde ausschließlich die Daten einer Teilgruppe aller Haushalte, nämlich derjenigen, die das Tracking im ersten Halbjahr ohne eine einzige Woche der Unterbrechung absolviert haben.

Gesamtentwicklung

Die Auswertung in Abbildung 1 zeigt, wieviel Prozent der Haushalte aus der betrachteten Gruppe über alle Sektoren hinweg Emissionsreduktionen (grüne Färbung) oder Anstiege (rote Färbung) erreicht haben. Zu sehen sind zwar auch leichte (orange) und deutliche (rot) Anstiege, aber es ist erkennbar, dass die leichten (hellgrün) und starken (dunkelgrün) Emissionsreduktionen überwiegen. Das ist zunächst einmal ein sehr erfreuliches Signal für unser Berliner Reallabor!

Die Ergebnisse sind umso positiver zu bewerten, als die KLIB-Haushalte im Durchschnitt schon in 2017 deutlich besser waren als der deutsche Durchschnitt. Trotzdem wurden noch diese Reduktionen geschafft – toll!

Erkennbar ist in Abbildung 1 weiterhin, dass sich bei etwa einem Drittel (31%) der betrachteten Haushalte im Durchschnitt nicht so viel getan hat – weder in die positive noch in die negative Richtung (graue Färbung). Das kann dann natürlich ganz anders aussehen, wenn man einen einzelnen Haushalt oder einen einzelnen Sektor betrachtet.

Sektor Ernährung

Wir wollen an dieser Stelle einen ersten Blick in den Sektor Ernährung werfen. Abbildung 2 zeigt die im ersten Halbjahr (Januar bis August) erreichte Emissionsentwicklung der betrachteten Haushalte im Bereich Ernährung.

Aus vielen Studien ist bekannt, dass der Bereich “Ernährung” eine besonders “harte Nuss” ist, wenn es um spürbare Verhltensänderungen geht. Um hier besser zu erkennen, was im Reallabor passiert ist, wurden die Schwellwerte daher auf 5%-Intervalle gelegt.

Auffallend ist als Erstes, dass es in einzelnen Sektoren deutlich anders aussehen kann als im Durchschnitt. Wir sehen auch hier wieder das positive Ergebnis, dass bei nur sehr wenigen Haushalten eine – aus klimapolitischer Sicht – Verschlechterung der Ernährungsgewohnheiten eintrat (leicht = orange: 3%), starke Verschlechterungen (rot) treten sogar nur bei 1% der Haushalte auf. Hingegen gab es bei Vielen (31%) leichte (hellgrün) oder sogar sehr starke (dunkelgrün: 18%) Verbesserungen.

Insgesamt zeigen die ersten Auswertungen tolle Erfolge im Handlungsfeld Ernährung und im gesamten Reallabor! Das KLIB-Team sagt ein großes „Danke“ an die beteiligten Haushalte (!!!) und verspricht für die Zukunft weitere spannende Ergebnisse aus der “Statistik-Küche”!

Wiebke Lass, Lutz Meyer-Ohlendorf

 

 

 

 

 

Rückwärts statt vorwärts. Ein klimapolitischer Kommentar zur geplanten Rodung des Hambacher Forstes

Wiebke Lass[1]

Die Räumung des Hambacher Forstes, die am Donnerstag, den 13.9.18, begonnen hat, sorgt momentan für große Schlagzeilen. Die aktuelle Situation kann als (trauriger) Höhepunkt des schon einige Jahre andauernden Konflikts um Rodung oder Erhalt des Waldstücks bezeichnet werden: Mit dem „größten Polizeieinsatz“ der Geschichte NRWs (rd. 3000 Polizist/innen, Räumungspanzer, Wasserwerfer und spezialisierten „Kletterpolizist/innen“) sollen die Rodungsgegener/innen und ihre Baumhäuser aus dem Wald entfernt werden, damit die Fläche für eine geplante Rodung im Oktober diesen Jahres vorbereitet ist.

Worum geht es in diesem Konflikt im rheinischen Braunkohlerevier genau? Der Hambacher Forst (ursprüngl. Bürgewald) befindet sich hälftig in den NRW-Landkreisen Düren und Rhein-Erft. RWE, der zweitgrößte deutscher Energieversorger, betreibt dort einen bedeutenden Braunkohle-Tagebau und hat dazu nach eigenen Angaben von den ursprünglich 4.100 Hektar Waldfläche bislang bereits 3.900 Hektar gerodet. Um die letzten 200 Hektar Waldfläche zu schützen, startete bereits im Jahr 2012 ein „Camp für Klimagerechtigkeit“, in dem zu Beginn des aktuellen Polizeieinsatzes rund 300 Menschen mit 60 Baumhäusern ausharrten.

RWE versus Klimaschützer – Unvereinbare Positionen?

Trotz eines Dialogverfahrens, an dem beide Parteien teilnehmen, bleiben die Fronten verhärtet. „Wie der Tagebau im Hambacher Forst funktioniert und warum eine Rodung notwendig ist“[2] lautet die Überschrift der RWE- Internetpräsenz, in der die Rodungsabsicht offensiv verteidigt wird. Hauptargument aus RWE-Sicht: Die noch in diesem Jahr notwendigen Rodungen seien „…für die Aufrechterhaltung des Tagebaubetriebs und die Kohlegewinnung bereits in den kommenden zwei Jahren notwendig“ (ebd.). Auch verweist RWE auf die vom Energiekonzern getätigten Rekultivierungsmaßnahmen: Demnach wurden im gesamten Rheinischen Revier, in dem nicht nur der Tagebau Hambach, sondern auch andere (z.B. Garzweiler, Inden) Tagebaue betrieben werden, Waldflächen von rd. 8.700 ha neu angelegt und über 10 Mio. neue Bäume gepflanzt.

Die gegnerische Seite hat zwei Hauptargumente: Da ist zum einen der ökologische Wert des Wald-Ökosystems; es handelt sich um einen seltenen, naturnahen Altwaldbestand, indem u.a. mehrere seltene Fledermaus-Arten heimisch sind. Zum anderen deutet schon der Name des Besatzungs-Camps („Klimagerechtigkeit“) auf die klimapolitische Argumentation hin: „Wegen der großen Verantwortung der Kohlestromproduktion für sage und schreibe ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland“ sei deutlich erkennbar, wie „Klimaschutz und Kohleausstieg eng miteinander verzahnt sind“. [3]

Gesellschaftliche Realitäten und klimapolitische Glaubwürdigkeit

Richtig ist, dass es sich bei der Verstromung von Braunkohle um die klimapolitisch problematischste und gleichzeitig relativ ineffiziente (Wirkungsgrad) Form der Stromerzeugung handelt. Richtig ist auch, dass das Rheinische Revier bereits heute als größte CO2-Quelle Europas gilt und die “Kohle-Kommission” gegenwärtig das “Wie” des Braunkohle-Ausstiegs verhandelt, nicht das “Ob”. Richtig ist schließlich, dass Waldökosysteme als CO2-Senke wichtige Funktionen für den Klimaschutz haben. Diese Argumente sprechen aus klimapolitischer Sicht eindeutig gegen die geplante Rodung.

Und es kommen noch weitere hinzu. Gesellschaftliche Realitäten, mit denen ein derart konfrontativer Akt wie die aktuelle Räumung nicht vereinbar ist: Wenn sich allein über 275.000 Menschen in einer Online-Petition gegen weitere Rodungen im Hambacher Forst aussprechen,[4]  ist das ein deutliches Zeichen: Die Menschen können nicht mehr verstehen, wie angesichts des bereits spürbaren Klimawandels heute noch Waldökosysteme für den Abbau fossiler Energieträger vernichtet werden.

Die Situation kann auch deshalb nicht als eindeutig bezeichnet werden, weil gegenwärtig noch Gerichtsverfahren anhängig sind und gleichzeitig die „Kohle-Kommission“, die einen Fahrplan für den Kohleausstieg erarbeitet, bereits im Oktober erste konsensfähige Ergebnisse vorlegen will.

Im Sinne einer Politik, die auf gesellschaftlichen Konsens und eine klimagerechte Zukunft setzt, sollte die Räumung ausgesetzt werden. Es braucht jetzt Zeit und zivilere Formen der Abwägung der unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten und zur Wahrung der klimapolitischen Glaubwürdigkeit Deutschlands. Brachialmaßnahmen weren der komplexen Situation nicht gerecht. Die geplante Rodung ist klimapolitisch und auch vom Politikstil her für Deutschland kein Schritt vorwärts, sondern ein großer Schritt zurück.

 

[1] Die hier wiedergegebenen Ansichten sind die Ansichten der Autorin.

[2] Siehe dazu die RWE Internetpräsenz unter: https://www.hambacherforst.com/ .

[3] Siehe dazu die Internetpräsenz der Waldschützer/innen: https://hambacherforst.org/ .

[4] So bei der Kampagne des Umweltverbandes Greenpeace; siehe online: https://www.greenpeace.de/retten-statt-roden , die nur eine von mehreren ist.

Klimawandel? Aber sicher doch!

Wer an den Klimawandel denkt, hat vermutlich nicht gleich Versicherungen als Akteure im Kopf. Dabei müssen diese sich auf mehreren Ebenen sehr intensiv mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen.

Schon 2012 stellte der Rückversicherer Munich Re in einer Studie fest, dass allein in Nordamerika im ersten Halbjahr die Schäden durch Extremwetterereignisse bei 8,8 Milliarden Dollar lagen – ein bis dato eindeutiger Anstieg.[1]Dürrebedingte Ernteausfälle z.B. sind auch jetzt, sechs Jahre später, aktueller denn je nach diesem Rekordsommer. Unglücklicher weise treffen die klimatischen Auswirkungen häufig auf Regionen, in denen Kleinbauern keine Möglichkeit haben, sich eine teure Versicherung zu leisten oder gar vom Staat Hilfe einfordern können. Ein Ansatz um die Schäden abzufedern sind Mikroversicherungen die mithilfe intelligenter Technologie oder internationaler Entwicklungshilfe gezielt Kleinbauern unter die Arme greifen. InsuResilience zum Beispiel ermöglicht dies und wird seit 2017 von den vereinten Nationen mit 125 Millionen Dollar gefördert. Durch die erhöhte Sicherheit kommen die Versicherten in Notsituationen nicht in die Rolle der Bittsteller, sondern können sich auf ihre Rechte berufen. Außerdem steigt so auch die Investitionsbereitschaft, was zur Steigerung des Umsatzes auf Seiten der Bauern führt.[2]Mehr Informationen zu einem ähnlichen Projekt finden Sie hier.

Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen zu versichern ist allerdings nur eine symptomatische Behandlung, schließlich sind die treibhausgasintensivsten Industriestaaten, und damit die Wurzel des Übels, so fein aus dem Schneider raus. Ganz anders sieht es aus, wenn Versicherer und Rückversicherer ihre finanzstarken Stimmen über ihre Investitionsentscheidungen sprechen lassen. So kündigte Munich Re an, ihre Investitionen in Aktien und Anleihen von Unternehmen, die mehr als 30% ihres Umsatzes aus der Kohlewirtschaft machen, einzustellen. Der damit verbundene Verzicht auf 50 Milliarden Euro ist verkraftbar für den Konzern. Mit dieser Einstellung ist Munich Re nicht allein, auch andere große Versicherer wie die Allianz oder Axa haben ähnliches verlauten lassen. Somit soll der Übergang der Wirtschaft von fossil zu klimaneutral angekurbelt werden.[3]

Entwicklungshilfe auf der einen Seite und ein Machtwort für die Verursacherwirtschaft auf der anderen – was meinen Sie, ist dies ein adäquater Ansatz oder noch längst nicht genug?

 

 

[1]https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/studie-der-munich-re-versicherer-warnen-vor-klimawandel/7043678-2.html?ticket=ST-866253-zwiTtYNY29s1VPv2NaPK-ap4

[2]http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klimawandel-deutschland-stellt-125-millionen-fuer-versicherungen-bereit-15292081.html

[3]http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/klimawandel-sorge-munich-re-steigt-aus-der-kohle-aus-15724159.html?GEPC=s2

 

 

 

 

 

 

„Wir seh’n uns vor Gericht!“ Bürgerinnen und Bürger klagen mehr Klimaschutz ein

Wer sich für Klimaschutz einsetzt, kann das nicht nur durch die Verringerung des eigenen CO2-Fussabdrucks tun – wie die KliB-Haushalte es tun. Mensch kann auch politisch oder sogar juristisch handeln, wie jetzt jüngst geschehen:  Ende Mai haben zehn Familien aus fünf EU-Staaten sowie aus Kenia und Fidschi gemeinsam mit einer Jugendorganisation aus Schweden Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Europäische Union eingereicht. Aus Deutschland ist eine Familie von der Nordseeinsel Langeoog dabei. Sie werfen der EU vor, dass die Klimaziele bis 2030 unzureichend seien, Klimaschäden nicht wirksam begrenzen würden  und damit ihre Grundrechte verletzten. Es klagen ausschließlich Familien, die direkt von den negativen Folgen des Klimawandels bedroht sind. Eine solche Klage ist auf EU-Ebene bisher einzigartig. Die Familien wollen keine Entschädigung, sondern eine bessere Klimapolitik bis 2030, frei nach dem Motto: „Die EU kann mehr, und wir wollen, dass sie mehr tut!“ Ein kurzes Video zu den Hintergründen findet sich hier. Vor einem deutschen Gericht klagt  schon seit Längerem auch ein peruanischer Bauer gegen den Energiekonzern RWE wegen negativer Klimafolgen (vgl. kurz: https://germanwatch.org/der-fall-huaraz).

Im KliB-Newsletter vom 12. Januar hatten wir auf ein Rechtsgutachten von Prof. Felix Ekardt hingewiesen, der das Verfehlen der deutschen Klimaschutzziele 2020 als eine Verletzung des Pariser Klimaabkommens bezeichnet. Auch er betont, dass Klimaschutz ein Menschenrecht darstellt, zu deren Schutz die Politik notfalls auch juristisch verpflichtet werden kann. Wir fragen uns: Wie sehen das die KliB-Haushalte? Könnten Sie sich vorstellen, eine solche Klage zu unterstützen? Antworten dazu gerne auf dem KliB-Forum!