Mehr Wertschätzung, weniger Müll – Interview mit Luise Zaluski

Weihnachtszeit ist die Zeit der Geschenke und damit auch des Ein- und Verpackens. Verpackungen begleiten uns jedoch das ganze Jahr. Und gerade in diesem Jahr war das Thema Verpackungen und Plastikmüll sehr präsent in den Medien. Plastikstrudel von unvorstellbaren Ausmaßen in den Weltmeeren und Mikroplastik, dass fast überall zu finden ist, die Problematik ist allgegenwertig. Auch politisch wird darauf nun reagiert, beispielsweise mit dem ganz aktuell beschlossenen Verbot von Einweg-Plastik in der EU ab 2021.
Jedoch ist die Problematik um Plastik- und Verpackungsmüll weit größer als lediglich der Teilbereich Einweg-Plastik.
Mit Luise Zaluski, die lange den Laden „Original Unverpackt“ maßgeblich mitgestaltet hat, sprachen wir über ihr neues Projekt, den Verein „Zero Waste“ und wie eine nachhaltige und müllfreie Welt aussehen könnte.

 

Luise Zaluski lebt in Berlin und gestaltete als Filialleiterin und Geschäftsentwicklerin die Strategie für den innovativen Laden „Original Unverpackt“ mit. Als Vorstandsmitglied von „Zero Waste“ kämpft sie für eine müllfreie Zukunft und in ihrem neusten Projekt „Klara Grün“ zeigt sie praktisch, wie die Reinigungsbranche nachhaltiger werden kann.

 

Sie haben in diesem Jahr „Klara Grün“, die öko-soziale Raumpflege gegründet – was war Ihre Motivation?

 

In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind sich alle einig, dass wir endlich umweltverträglich wirtschaften müssen. Was das genau bedeutet, darin herrscht Uneinigkeit. Deswegen hält sich im Alltag kaum jemand daran. Wir sind zudem der Überzeugung, dass Nachhaltigkeit weitaus mehr als ein Trend ist, nämlich zwingend erforderlich für die “Enkelfähigkeit” unserer Erde.

Ich kam nach einer tollen Zeit bei „Original Unverpackt“ zu dem Punkt, die gewonnen Erfahrungen und  Erkenntnisse mit einer eigenen Unternehmung in die Tat umzusetzen und habe „Klara Grün“ gegründet.

“Klara Grün” ist ein öko-sozialer Raumpflegedienst. Ich habe mich damit einer Branche zugewandt, die nicht gerade für Nachhaltigkeit und saubere, transparente Geschäftspraktiken bekannt ist: Der Reinigungsbranche.

Zusammen mit meiner Partnerin verpflichten wir uns den drei Ebenen der Nachhaltigkeit: ökonomisch, ökologisch, sozial. Ziel ist es, dass das Unternehmen auf allen 3 Ebenen einen nachhaltigen Ansatz fährt.

Zum Beispiel ist unser Unternehmen ökonomisch nachhaltig, weil wir durch übertarifliche Bezahlung und Festanstellungen unserer Arbeitnehmer einen Weg für Menschen aus der illegalen Beschäftigung eröffnen. Wir erhöhen zudem die Teilhabechancen für Frauen* und arbeitsmarktferne Menschen auf dem Arbeitsmarkt und wirken Altersarmut, besonders im Niedriglohnsektor entgegen. Für unsere Kund*innen bedienen wir durch 100% ökologisch abbaubare und giftfreie Reinigungsmittel das wachsende Bedürfnis nach ökologischer Haushaltsführung. Unsere Kund*innen haben kein schlechtes Gewissen, eine Haushaltshilfe in Anspruch zu nehmen – sie wissen, sie tun sich selbst und der Gesellschaft etwas Gutes.

 

Sie sind auch im Verein „Zero Waste“ als Vorstandsmitglied tätig. Was müsste passieren für eine müllfreie Welt und wie sieht Ihre Vision für eine solche Zukunft aus?

 

Der „Zero Waste e.V.“ ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, die Müllvermeidung und Abfallreduzierung bundesweit voranzutreiben. Wir wenden uns damit an Privatpersonen, Unternehmen und Politik, um gemeinsam mit Bündnis-Partner*innen die Müllproblematik bekannt zu machen. Darauf aufbauen möchten wir zu nachhaltigen Veränderungen in allen Bereichen motiviere, sowie mittels Umweltbildung und Aktionen eine aktive Mitwirkung für eine müllfreie Welt zu befördern.

Bei Privatpersonen liegt uns besonders die Aufklärung und Befähigung hin zu einem müllfreieren Leben am Herzen. Beispielsweise Planen wir für 2019 Projekte an Schulen, werden viele Workshops geben und Vorträge halten. Jeden 2. Mittwoch im Monat treffen wir uns mit Interessierten Menschen zum Zero Waste Stammtisch und diskutieren über Lösungen und Herausforderungen für einen Zero Waste Lifestyle.

Politisch liegt für uns der Fokus darin erst einmal gehört zu werden, mitzudiskutieren und dann auch klare Forderungen zu stellen. Wir vernetzen uns dazu gerade mit vielen anderen Initiativen um die Kräfte zu bündeln und größere Pläne schmieden zu können – die es dringend braucht. Vor allem auch in Berlin.

 

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat jüngst einen „5-Punkte-Plan“ mit Maßnahmen für weniger Kunststoff und mehr Recycling vorgestellt. Was halten Sie von diesem Plan?

Grundsätzlich ist es gut und wichtig, dass was passiert und die Themen mehr und mehr auf die politische Agenda kommen. Ich begrüße alle Maßnahmen die diskutiert und dann auch umgesetzt werden, die uns bei dem “kleinen” Thema Plastik und dem großen Thema Klimawandel voranbringen.

Aus meiner Sicht braucht es zielführende Interventionen von der Politik, da die Konsument*innen allein nicht die Kraft und Macht haben die Dinge zu verändern – die Verpackungsindustrie ist zu groß, als dass ein paar wenige Kaufentscheidungen ernsthaft etwas bewegen könnten.

Aktuell sind das wohl eher Regulierungen oder gar Verbote, die ein Umdenken der Industrie fördern, sowie Aufklärung der und Umdenken bei den Konsumentscheidungen der Konsument*innen.

Um beim Thema Plastik voranzukommen ist es zudem wichtig, dass wir alle 5R`s anpacken: 1. Reuse: Verzichten auf alles Unnötige und zu viel Verpackung.
2. Reduce: Reduzieren des eigenen Konsum und Verpackungen.
3. Reuse: Das Wiederverwenden und die Werterhaltung von Produkten.
4. Recycle: Ein gut funktionierendes Müllentsorgungssystem, und vor allem die Informationen was wie entsorgt werden muss.
5. Rot: Kompostieren des Rests der noch übrig bleibt, wenn alle vorherigen 4Rs umgesetzt wurden.

 

220,5 kg Verpackungsmüll werden in Deutschland pro Kopf und Jahr produziert. (Zum Vergleich: Der EU-Mittelwert liegt bei 167,3 kg). Damit belegt Deutschland einen traurigen Spitzenplatz in Europa. Welche Problematik steckt hinter dieser Zahl?

Das eigentliche Problem an Plastik ist nicht die Plastik selbst, sondern unsere Gemütlichkeitskultur, die über Jahrzehnte kultiviert wurde. Der viele Konsum, die vielen Einwegprodukte oder zumindest solche die nicht sehr lange halten bringen eine hohe Drehzahl für die Industrie. Wir Konsument*innen jedoch verlieren mehr und mehr die Relation zu dem Wert von Dingen, zu den Materialien, Ressourcen etc.

Gleichzeitig werden von der Industrie immer mehr Convenience Produkte, Außerhaus-Produkte, kleine Abpackungen und komplex verpackte Produkte produziert – man kann sich dem kaum entziehen.

Deshalb braucht es, wie bereits zuvor erwähnt, Maßnahmen und Veränderungen auf vielen Ebenen: ein Umdenken der Industrie, Regulationen und Weichenstellungen der Politik, Aufklärung und Verhaltensänderungen bei der Konsument*innen.

 

Noch eine weiterführende Frage: Haben Sie in den zurückliegenden Jahren Unterschiede zwischen Käufergruppen festgestellt, was das „Ob“ und „Wie“ umweltbewussten Handelns betrifft?

 

Ein nachhaltiger Lebensstil ist leider nach wie vor noch eine Frage der sozialen Schicht und des Bildungsniveaus. Besonders Menschen im unteren Einkommens- und Bildungsniveau haben es schwer, bzw. es wird ihnen schwer gemacht, nachhaltig zu leben.

Besonders auch durch die Medien wird uns vermittelt, dass nachhaltiges Leben teuer und ein Luxus ist. Hier fehlt eindeutig der Zugang zu den richtigen Informationen, aber auch die frühe Aufklärung z.B. in Schulen, wie wichtig ein nachhaltiges Leben ist und was genau damit gemeint ist.

Es lässt sich zudem beobachten dass Frauen deutlich aufgeschlossener gegenüber Nachhaltigkeitsthemen sind als Männer. Bei „Original Unverpackt“, unserem Verein und „Klara Grün“ wird das täglich bestätigt. Es gibt beispielsweise auch nur wenige männliche Blogger / Influencer in der Nachhaltigskeits-Szene. Das ist schade. Und es ist höchst problematisch, dass die großen Entscheidungsträger momentan vorwiegend männlich sind – vielleicht sind wir deshalb noch nicht so weit in den Klimaschutzfragen wie wir es sein müssten. Aber dieses Fass machen wir in einem anderen Interview auf…

 

Auf das Interview freuen wir uns schon. Als letzte Frage: Wie feiert Luise Zaluski Weihnachten?

 

Seitdem ich eine eigene Familie habe, hat Weihnachten natürlich wieder viel mehr Magie und diesen besonderen Zauber. Strahlende Kinderaugen beim Anblick des Weihnachtsbaums, Plätzchen backen, Lieder singen…

Unser Fokus liegt dabei auf der gemeinsamen Zeit und gutem Essen. Natürlich ist es schön etwas am Heiligen Abend auszupacken und sich daran zu erfreuen. Wir machen uns in der Familie aber nur wenige, kleine Geschenke, die für gemeinsame Aktivitäten oder die Winterzeit geeignet sind (Spiele, Bücher, Ausflüge etc.).

Für die Weihnachtsdeko zu Hause und die Geschenke nutze ich möglichst wiederverwendbare, natürliche Materialien. Unser Weihnachtsbaum ist beispielsweise nur mit Erbstücken aus Holz behangen. Für Geschenkverpackungen nutze ich oft altes Papier wieder oder verwende wiederverwendbare Verpackungen, wie z.B.: Kartons, Jutesäcke usw.

Vielen Dank für das Gespräch und wir wünschen Ihnen eine schöne Weihnachtszeit mit Ihrer Familie!

 

Stay grounded: Schwed*innen wollen aufs Fliegen verzichten

Stay grounded: Schwed*innen wollen aufs Fliegen verzichten.

Nicht aus Flugangst sondern aufgrund der Umweltfolgen verzichten immer mehr Schwed*innen aufs Fliegen und haben dafür auch gleich ein neues Wort erfunden: „Flygskam“, zu Deutsch „Flugscham“. Dass dies kein vereinzeltes Phänomen in Schweden ist, zeigt, dass diese neue Wortschöpfung als Wort des Jahres 2018 in Schweden gehandelt wird[1].

Gerade die Mobilität mit dem Flugzeug hat einen enormen Einfluss auf den individuellen CO2-Fußabdruck. Dabei sind diese Emissionen ein spezifisches Problem des globalen Nordens: Nur 3 Prozent der Weltbevölkerung sind im vergangenen Jahr geflogen und gleichzeitig beläuft sich der Anteil des Flugverkehrs an den globalen CO2-Emissionen auf 2 Prozent. Bezieht man Stickoxide und Wasserdampf in den hohen Luftschichten erhöht sich der Einfluss auf den Klimawandel auf 4,9 Prozent.[2] Bedenkt man dabei, dass der Transportsektor weltweit 14% der Emissionen ausmacht[3], dann sind 3 Prozent für 14 % der Emissionen im Sektor Transport verantwortlich. Für diesen überproportionalen Anteil ist ein kleiner Teil der Weltbevölkerung vornehmlich aus dem globalen Norden verantwortlich. Die historischen Emissionen liegen, wie auch in anderen Sektoren, vor allem im Bereich Luftverkehr in den Industriestaaten.

Unsere jüngsten Zwischenergebnisse zeigen, dass die KliB-Haushalte im Sektor Flugverkehr 130 Prozent über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen. Da 37 Prozent der Haushalte bis jetzt ganz auf Flugreisen verzichtet haben, wird dieser hohe Durchschnittswert durch einige Haushalte mit besonders hohen Flugemissionen verursacht. Interessant ist dabei, dass dies der einzige Bereich ist, wo die Haushalte über dem Durschnitt der BRD liegen. Flugemissionen haben einen Anteil von 5 Prozent (580kg CO2) am Fußabdruck vom deutschen Durchschnitt. Aber auch hier gilt, dass nicht alle das Flugzeug als Verkehrsmittel benutzen.

Die Flugemissionen sind gerade die „Big-Points“ des persönlichen Fußabdrucks, da diese Emissionen sehr hoch zu Buche schlagen. Im direkten Vergleich dazu fällt das Einsparpotential im Ernährungsbereich beispielsweise durch das Umstellen auf eine Vegetarische oder Vegane Ernährung sehr viel geringer aus.
Generell ist es beim Thema Fliegen weniger attraktiv sich einzuschränken als in anderen Bereichen eine umweltfreundlichere Option zu wählen. Zu sehr ist die Reise mit dem Flugzeug an Zeitersparnis, Komfort und viele Erfahrungen geknüpft. Doch genau das will einer der prominentesten Vertreter von „Flygskam“ anders machen: Der schwedische Ex-Biathlet Björn Ferry will in der kommenden Wintersaison seine Tätigkeit als Moderator ohne die Nutzung des Flugzeugs schaffen. Dafür wird er mindestens 13.000 Kilometer mit der Bahn reisen statt zu fliegen. Das machte er zur Bedingung für seinen neuen Arbeitsvertrag.[4]

Fliegen ist in vielerlei Hinsicht höchst problematisch. Zum einen werden die Umweltkosten durch die günstigen Ticketpreise nicht abgebildet. Statt den Flugverkehr zu subventionieren könnte eine CO2-Steuer dabei helfen den wahren Preis abzubilden. Denn der Effekt auf den Klimawandel ist enorm. Die Emissionen für eine Reise von Berlin nach Köln und zurück sind beim Fliegen mit 273 kg CO2 zehnmal so hoch als bei einer Reise mit dem ICE[5]. Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag des Berliner Professors Andreas Knie interessant. Er macht den Vorschlag Inlandsflüge zu verbieten und Langstreckenflüge zu limitieren. Investitionen in das Schienennetz würden sich dadurch noch mehr rentieren und das Fliegen würde wieder etwas Besonderes werden[6].
Zum anderen ist vor dem Hintergrund der Frage nach Klimagerechtigkeit das Flugzeug als Verkehrsmittel ein großes Problem. Die Imperiale Lebensweise des globalen Nordens wird durch das Fliegen nur noch mehr zementiert. Zum Erreichen von Klimazielen wird beispielsweise vom IPCC die noch verbleibende Menge an CO2 berechnet, das sogenannte „Carbon Budget“, daher die Menge an Treibhausgasemissionen, die insgesamt noch ausgestoßen werden dürften. Wenn ein kleiner Teil durch seine Lebensweise überproportional viel emittiert, so geht das wenn überhaupt nur deshalb, weil ein Großteil einen sehr geringen Fußabdruck hat. Aufs Fliegen übertragen wird diese Ungleichheit besonders deutlich. Ein solch emissionsintensives Reisen ist nur deshalb möglich, weil 82% der Weltbevölkerung noch nie geflogen sind. Ökologisch gesehen ist es ein Reisen auf Kosten anderer und deshalb symptomatisch für eine Lebensweise, die sich den ökologischen (und sozialen) Ressourcen andernorts bedient, um einen eigene emissionsstarke Lebensweise zu sichern. Ulrich Brand und Markus Wissen beschreiben diesen Habitus der Externalisierung als Imperiale Lebensweise[7].

Die schwedische Bahn Statens Järnvägar (SJ) profitiert übrigens seit 2 Jahren von einer gestiegenen Nachfrage, insbesondere bei ihrem Angebot von Nachtzügen. Aufgrund dessen will sie ihr Angebot im Dezember ausweiten, das dürfte alle Reisenden in Schweden freuen und die Menschen, die sich zum Wort „Flugskam“ bekennen im Besonderen[8].

Seraja Bock (KliB-Team)

 

[1] http://www.taz.de/Schweden-meiden-Fluege/!5549744/

[2] https://www.bund.net/mobilitaet/infrastruktur/luftverkehr/co2-emissionen/

[3] https://de.statista.com/infografik/2140/anteil-der-wirtschaftsbereiche-an-den-menschlich-bedingten-treibhausgas-emissionen/

[4] https://www.svt.se/sport/skidskytte/svt-experten-bjorn-ferry-aker-tag-till-varldscuptavlingarna-i-europa?fbclid=IwAR297q-WCkSeuzRteBQQuuIBA_GdojGDy3AW9ncrhVH_Xgr3eFrMuVs7_dg

[5] https://www.co2online.de/klima-schuetzen/mobilitaet/bahn-oder-flugzeug-der-vergleich/

[6] https://www.klimareporter.de/verkehr/ueber-den-wolken-ist-die-freiheit-wohl-grenzenlos

[7] Brand, U., Wissen, M.(2017): Imperiale Lebensweise. Oekom, München.

[8] https://www.jetzt.de/umwelt/schweden-wollen-der-umwelt-zuliebe-nicht-mehr-fliegen

Nicht nur schwer zu tragen – Mineralwasser hat eine deutlich schlechtere Klimabilanz als Trinkwasser

Angeregt durch eine aktuelle Anfrage an das KliB-Team haben wir recherchiert, wie sehr die Klimabilanz von Wasser zu Buche schlägt.

Um einen Liter Trinkwasser zu fördern und in die Haushalte zu bringen, setzen die Berliner Wasserbetriebe im Mittel etwa 0,35 Gramm Kohlendioxid (CO2) frei, vor allem durch den Stromverbrauch der Pumpen.

Auch die Abwasserentsorgung muss berücksichtigt werden. Im Durchschnitt entfallen etwa 0,75 g auf einen Liter Leitungswasser für die Entsorgung. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von etwa 120 Litern Wasser pro Person und Tag ergeben sich damit für ein Jahr gut 50 kg CO2 pro Person – für Bereitstellung und Entsorgung.

Deutlich mehr Emissionen entstehen bei der Warmwassererzeugung zu Hause – je nachdem, welchen Heizungstyp Sie verwenden.

Nun interessiert uns jedoch vor allem der Vergleich zwischen dem Trinkwasser aus der Leitung und Mineralwasser aus dem Einzelhandel. Dieser Vergleich ist deshalb interessant, da laut Stiftung Warentest die Qualität des Leitungswassers in Berlin genauso hoch einzustufen ist wie die des Mineralwassers[1]. Bei der Förderung und Aufbereitung gibt es kaum Unterschiede zum Leitungswasser. Auch wenn die Schwankungsbreite aufgrund sehr unterschiedlicher Randbedingungen recht groß ist, lässt sich der Wert auf etwa 0,2 – 0,5 g CO2 pro Liter eingrenzen (siehe Abb. 1).

Entscheidend ist jedoch, in welcher Verpackung und auf welchem Wege das Mineralwasser in die Haushalte gelangt.

Quelle: Eigene Darstellung nach GutCert 2010

 

Ein großer Teil der entstehenden Emissionen bei der Herstellung von Mineralwasser (der sog. Product Carbon Footprint, PCF) entfallen auf die Herstellung und /oder Reinigung der Flaschen, Abfüllung und das ggf. Recycling und / oder die Entsorgung der Verpackung. Hier sind es je nach Produkt zwischen 40 – 140 g CO2 pro Liter, also im Schnitt 90 g CO2 pro Liter.

Je nachdem, aus welcher Region Sie Ihr Mineralwasser beziehen, fällt auch der Transport von der Quelle bis zum Einzelhandel recht unterschiedlich ins Gewicht. Zwischen 20 und 310 g CO2 pro Liter kann dies ausmachen.

Wie hoch dann noch die Emissionen sind, die für den Transport aus dem Einzelhandel zu Ihnen nach Hause entstehen, entscheiden Sie selbst – mit der Wahl des Transportmittels. Sollten Sie das Wasser mit dem Fahrrad nach Hause schaffen, entstehen im Grunde keine Emissionen. Mit dem Auto oder sogar per Lieferservice sieht die Sache schon ganz anders aus. Im Schnitt entfallen auch hier weitere 21 g CO2 pro Liter. Insgesamt hat Mineralwasser daher eine wesentlich schlechtere Klimabilanz als Leitungswasser.

[1] https://www.test.de/presse/pressemitteilungen/Natuerliches-Mineralwasser-nicht-besser-als-Leitungswasser-5051421-0/

Ergebnisse aus dem Reallabor – Die fünf Haushalte mit den bisher höchsten Einsparungen

Noch bis Ende Dezember geht unser Reallabor – es bleiben also noch acht Wochen zum Tracken. Viele von Ihnen stellen sich nun sicher die Frage, wo stehe ich und was haben die anderen Haushalte erreicht.

Die Ballongrafik gibt Ihnen Orientierung – auch wenn sie einige Haushalte darstellt, die im Tracking zurückgefallen sind und somit das Bild etwas verzerren. So sind zum Beispiel einige Ballons zu sehen, die mit sehr geringen Emissionen – etwa zwischen 3 und 4 Tonnen – aufwarten. Diese geringen Zahlen sind allerdings meistens einem sehr frühen Ausstieg aus dem Tracking geschuldet.

Für die Auswertung des Reallabors haben wir nun begonnen, die Zahlen aufzubereiten und zu analysieren. Dafür haben wir nur jene Fälle berücksichtigt, die bis zu den Herbstferien durchgehend getrackt haben. In diesem Zusammenhang möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass Sie auch jetzt noch zurückliegende Wochen nachholen können, falls Sie sich noch an die Einzelheiten der versäumten Trackingwochen erinnern können!

Viele von Ihnen haben es geschafft am Ball zu bleiben und Ihr Konsumverhalten kontinuierlich zu dokumentieren. Das allein ist schon eine tolle Leistung – Glückwunsch! Noch dazu gibt es einige Haushalte, die ganz erstaunliche Ergebnisse bei der Reduktion ihrer Treibhausgasbilanz erzielen konnten. In diesem Beitrag möchten wir uns diese Haushalte und ihre Reduktionsleistungen einmal genauer anschauen und zwar jene, die insgesamt gesehen die höchsten Reduktionen erzielt haben. Wie sich diese Einsparungen auf die einzelnen Handlungsfelder verteilen, zeigen die folgenden Grafiken. Diese enthalten zudem Informationen über die jeweilige Ausgangsbilanz (Baseline 2017), den projizierten Wert für 2018, die Gesamteinsparung und weitere Informationen zu Haushaltsgröße, Flugreisen, Bildungsabschluss der KliB-Repräsentant*in und zum Einkommen.

Abb. 1:

Die höchsten Einsparungen insgesamt wurden in einem 1-Personenhaushalt erzielt, der mit einer relativ hohen Ausgangsbilanz gestartet ist (Abb. 1). Über 8,2 Tonnen CO2 hat diese Person einsparen können. Interessanterweise wurden die größten Einsparungen im Handlungsfeld Sonstiger Konsum erreicht, gefolgt von Reduktionen in der Mobilität. Diese wurden vor allem durch weniger Autofahrten im Vergleich zum Vorjahr erlangt. Recht klein, aber immerhin relevant waren auch Ersparnisse im Handlungsfeld Heizung und im Bereich Ernährung. Damit hat es diese Person mit knapp 11 Tonnen etwas unter den deutschen Durchschnitt geschafft. Ein recht hoher Anteil dieser ansonsten recht klimafreundlichen Bilanz wurde dabei durch einen Langstreckenflug verursacht, der sowohl im Basisjahr 2017 als auch in diesem Jahr getätigt wurde.

Abb. 2:

Ebenfalls beachtlich sind die Reduktionen des zweitbesten Haushaltes (Abb. 2). Dieser 3-Personenhaushalt konnte im Schnitt 5.300 kg CO2 einsparen, von ca. 14 Tonnen im Vorjahr auf knapp 9 Tonnen in diesem Jahr. Hier wurde die Zahl der Flüge innerhalb Deutschlands und Europas gesenkt von fünf auf zwei. Auch bei der Nutzung des eigenen PKWs konnten Einsparungen erzielt werden. Bei diesem Haushalt stehen die Reduktionen im Sonstigen Konsum an zweiter Stelle mit knapp 2,2 Tonnen.

Abb. 3:

Der drittbeste Haushalt mit einer Haushaltsgröße von zwei Personen konnte vor allem durch eine deutlich geringere Zahl an Flugreisen punkten (Abb. 3). Mit 4,6 Tonnen Einsparungen konnte der Ausgangswert von weit über 13 Tonnen pro Kopf auf deutlich unter 9 Tonnen gesenkt werden. Ein wesentlich kleinerer Teil wurde durch Einsparungen im Sonstigen Konsum erzielt.

Abb. 4:

Auf den vierten Platz hat es ein weiterer 2-Personenhaushalt geschafft (Abb. 4), der ebenfalls mit einer recht hohen Ausgangsbilanz gestartet ist (Abb. 4). Mit Einsparungen von fast 5 Tonnen, die vor allem im Handlungsfeld Mobilität erreicht werden konnten, hat es dieser Haushalt deutlich unter den bundesdeutschen Durchschnitt geschafft. Ein Langstreckenflug im Vorjahr hatte die Bilanz kräftig nach oben gedrückt. Immerhin drei Kurzstreckenflüge haben auch hier noch einen gewissen Einfluss auf die ansonsten klimafreundliche Bilanz dieses Haushaltes.

Abb. 5:

Der fünfte Platz ist sehr interessant, weil dieser 1-Personenhaushalt mit einem relativ geringen Ausgangswert ins Rennen gegangen ist (Abb. 5). Mit einem Wert unter dem deutschen Durchschnitt konnten durch KliB über 4 Tonnen eingespart werden. Insbesondere der Sonstige Konsum fällt hier mit gut 2 Tonnen ins Gewicht. Zudem wurden Einsparungen in der Mobilität erzielt, gefolgt von der Ernährung und dem Heizen. Keine Reduktionen gab es beim Stromverbrauch.

Insgesamt lässt sich sagen, dass bei den Haushalten mit den höchsten Reduktionswerten Einsparungen vor allem in der Mobilität erreicht wurden, dicht gefolgt vom Sonstigen Konsum. Alle Haushalte in dieser Rangliste sind mit einem relativ hohen Ausgangswert ins Rennen gegangen, konnten aber alle – wenn auch meist knapp – den bundesdeutschen Durchschnitt unterbieten. Alle fünf hier dargestellten Haushalte haben zudem Reduktionen erzielt, die nahezu über 35 Prozent liegen. Ob sie die 40 Prozentmarke bis zum Ende des Jahres schaffen, bleibt noch zu hoffen.

Diese Auswertung deutet darauf hin, dass es noch andere ‚Gewinner‘ im Reallabor geben wird. Vor allem jene Haushalte, die bereits mit einer sehr geringen Bilanz gestartet sind und die es daher teilweise deutlich schwerer hatten, erkennbare Einsparungen zu machen, das aber teilweise dennoch geschafft haben. In den nächsten Wochen möchten wir weitere Perspektiven auf die Zahlen im Labor werfen, um damit zu einem besseren Verständnis zu den Erfolgen individuellen Handelns mit Blick auf den Klimaschutz beizutragen.

“KliB: Zwischen Experiment und Klimapolitik” – KLIB-Haushalte melden sich zu Wort

In diesem neuen Format wollen wir in den verbleibenden Monaten des Reallabors Haushalte mit ihren Erfahrungen, Anregungen etc. zu Wort kommen lassen.[1] Heute schreibt Martin über seine persönliche Auswertung des KliB Reallabors, über individuelle Einsparung und wirkungsvolle Klimapolitik.

Zwischen Experiment und Klimapolitik

In unserem Projekt wird in erster Linie untersucht, inwieweit man seinen aktuellen CO2-Fußabdruck innerhalb eines Jahres um 40 Prozent oder mehr reduzieren kann. Das Zwischenergebnis dieses Reallabors kann man der Ballongrafik entnehmen.

Ich möchte in diesem Beitrag nun einmal betrachten, was das für die Absolutzahlen des CO2-Ausstoßes bedeutet, der in Deutschland pro Person bekanntlich im Durchschnitt 11 Tonnen beträgt (im Ballondiagramm angedeutet durch die waagerechte gestrichelte Linie). Das politische erklärte Ziel ist es, diesen Ausstoß in der EU bis 2030 um 40 % zu senken, also auf 60 % von 11 t: (Entspricht 6,6 t pro Person). Wir in Deutschland sind gerade auf dem Weg, dieses Ziel zu verfehlen (Zwischenziel 20 % Einsparung bis 2020).

Mit Stand vom 18.10.2018 erreichen in unserem Experiment 84 von 142 Haushalte einen (für 2018 prognostizierten) CO2-Fußabdruck von 6,6 t oder weniger, das sind 60 % der Teilnehmer. Das ist eine sehr anerkennenswerte Leistung. Mein Haushalt gehört nicht zu dieser Gruppe, wir verharren eher im Bereich des Durchschnitts-Fußabdruckes.

Auf der linken Seite nähert sich die Ballonkurve asymptotisch einem Wert von ca. 3,2 t an. Ohne einer abschließenden Auswertung des Projektes vorgreifen zu wollen, lässt diese Tatsache vermuten, dass hier der geringste individuell möglichen CO2 Emisionswert unter den gegebenen Randbedingungen erreicht wird (mit immerhin nur 30 % von 11 t).

Was will ich damit sagen? Es gibt relativ viele Teilnehmer, die ihren schon ziemlich geringen Fußabdruck weiter verringern möchten, nach ergänzenden Einsparmöglichkeiten suchen und diese (z. B. im Forum) diskutieren. Bei bereits geringem Verbrauch ist jedoch das Einsparpotenzial logischerweise gering.

Betrachtet man nun unsere Teilnehmer als ein (ziemlich grobes) Modell für die Gesamtbevölkerung, wäre es umso wichtiger, die „Normalverbraucher“ dazu zu bringen, sich zu fragen und ggf. im Forum zu diskutieren, was sie denn noch zum Gesamterfolg beitragen können. Denn dort, wo viel verbraucht wird, ist das Einsparpotenzial größer und der Effekt der Einsparung für das Gesamtergebnis umso deutlicher. Um ein gutes Gesamtergebnis zu erreichen, kommt es besonders auf die Normal- und Vielverbraucher an.

Ich vermute, dass jenseits der Teilnehmerzahl 84 (also im Bereich „Einsparung weniger als 40 %“) die Mobilität und hier besonders das Fliegen eine wesentliche Rolle spielt. Es wäre interessant, diesen Wert in der Sparte „Mobilität“ getrennt auszuweisen, um ihn besser diskutieren zu können. Das Flugverhalten ist ein komplexes Thema und es wäre interessant, sich darüber auszutauschen. Ich kenne niemanden, der ein kurzfristiges Konzept gegen die Zunahme des Flugverkehrs, geschweige denn für dessen Senkung vorschlagen kann. Nur eine These möchte ich hier schon wagen: Die in Deutschland verkaufte Gesamtzahl von Flugtickets lässt sich wahrscheinlich nicht dadurch senken, dass eine relativ kleine Zahl von Haushalten generell aus umweltpolitischen Gründen auf das Fliegen verzichtet. Oder umgekehrt gefragt: Wie groß müsste die Zahl dieser Haushalte sein, damit die Flugzahlen wirklich zurückgehen?

Das gilt eventuell auch für andere Bereiche. Die Reduzierung des CO2-Fußabdruckes durch Verzicht ist ein wichtiger Teil der Strategie, wird aber allein wahrscheinlich nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen. Das führt nun direkt zu den politischen Randbedingungen (Wirtschaft und Steuern).

Es sollte eine Doppelstrategie geben, bestehend aus a) dem individuellen Verhalten und b) aus dem Einsatz für wirksame politische Rahmenbedingungen. In der Marktwirtschaft wirken die Preise und dazu zitiere ich hier wieder E. U. von Weizsäcker mit der Forderung, dass die Preise die ökologische Wahrheit widerspiegeln müssen. Die Preise sollten die Ressourceneffizienz fördern. Und für die Forschung und Entwicklung müssen die entsprechenden wirtschaftlichen Anreize geschaffen werden. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist die Wiedereinspeisevergütung im Rahmen des EEG-Gesetzes, die den Entwicklern von effektiven Windkraftanlagen speziell in der Anfangsphase unmittelbare Gewinne ermöglicht hat.

Hier kurz vier (zum Teil locker formulierte) Anregungen für politische Forderungen, die etwas mit dem CO2-Fußabdruck zu tun haben:

  1. Förderung von Zugreisen und des öffentlichen Nahverkehrs (Netzausbau und Senkung der Fahrpreise). Die zusätzlichen dafür benötigten Mittel dafür könnte man aus einer (dringend notwendigen) Besteuerung des Flugbenzins generieren.
  2. Abschaffung der widersinnigen Tatsache, dass Schweinefleisch quasi das billigste Nahrungsmittel ist. Mit der Durchsetzung der bereits geltenden Tierschutzgesetze könnte das in der Massentierhaltung evtl. schon realisiert werden. Gewünschte Folge: Verdopplung der Preise, also Halbierung der Fleischmenge bei gleichem finanziellen Aufwand.
    Es könnte zusätzlich eine Win-Win-Win Situation entstehen:
    – Besserer Gesundheitszustand.
    Weniger Weizen und Mais in Monokultur werden benötigt:
    – Weniger Nitrat im Grundwasser.
    – Platz für Wiederaufforstung von Wäldern (als temporärer Kohlenstoffspeicher).
  3. Suche nach kreativen Lösungen dafür, dass es sich wirtschaftlich lohnt, Obst und Gemüse in großen Mengen in der Nähe von Ballungszentren anzubauen. Geht das evtl. mit lokalen Währungen, dazu gab es mal einen alternativen Nobelpreis?
    – Weniger Massentransporte (mit Lastwagen) aus Südeuropa.
  4. Arbeitszeitverkürzung: Ummünzen der gesteigerten Arbeitseffizienz in mehr Zeit, nicht in mehr Waren (z. B. auch um klimafreundlicher mobil zu sein). Diese Forderung ist derzeit nicht mehr aktuell, warum eigentlich?

Durch solche wirtschaftspolitischen Anreize und die entsprechende Aufklärung soll erreicht werden, dass sich schnell eine Vielzahl von Menschen (80 bis 90?) – und zwar insbesondere diejenigen mit einem großen CO2-Fußabdruck – daran beteiligen, diesen signifikant zu verringern. Aus Überzeugung und weil es sich wirtschaftlich lohnt. Preissignale sind wirkungsvoller als der Appell an die Vernunft.

Viele Grüße, Martin

 

[1] Hast Du/ Haben Sie ebenfalls ein Thema, das auch für andere Haushalte interessant ist? Und Du/ Sie möchten dazu gerne einen Newsletter-Beitrag verfassen? Dann würden wir uns über eine Nachricht an klib@pik-potsdam.de mit dem Stichwort “NL-Beitrag” freuen.

Was steckt drin im Sonstigen Konsum?

Graue Energie und versteckte Emissionen

Alle CO2-Emissionen, die sich nicht den Sektoren Mobilität, Energie, Heizen oder Ernährung zuordnen lassen, gehören bei KLIB zum Sektor „Sonstiger Konsum“. Im Durchschnitt entfallen in Deutschland 4,4 Tonnen jährlich und damit 38 Prozent unseres CO2-Fußabdrucks auf den Sonstigen Konsum. Dieses Handlungsfeld zählt damit zu den wichtigsten Sektoren unserer Klimabilanz und birgt die höchsten Reduktionspotentiale. Aber was steckt konkret hinter dieser ‚catch-all‘-Kategorie?

Beim Sonstigen Konsum spielt der Begriff der Grauen Energie eine wichtige Rolle. Den meisten Produkten sieht man den Energie- und Ressourcenaufwand nicht an. Es ist also die Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes oder einer Dienstleistung notwendig ist, die als „graue Energie“ bezeichnet wird. Diese Energie ist im Produkt versteckt und für den Konsumenten nicht direkt sichtbar. Für eine Bilanzierung der Grauen Energie wird daher der Energieeinsatz zur Erzeugung aller Vorprodukte bis hin zur Rohstoffgewinnung berücksichtigt und addiert (NABU 2017).

In jedem Produkt steckt demnach Graue Energie, selbst Dienstleistungen wie das Haareschneiden (Anschaffung und Verbrauch von Föhn, Haarschneidemaschine, Schere) oder die Nutzung des Internets beinhalten versteckte Energieverbräuche (NABU 2017). Zu unterscheiden ist dabei zwischen indirektem Energiebedarf eines Konsumgutes und dem direkten Energiebedarf, der bei der Nutzung des Produktes anfällt. Der Strom beim Betrieb eines Smartphones (Handlungsfeld Strom) oder der verbrauchte Kraftstoff beim Fahren mit dem Auto (Handlungsfeld Mobilität) wird über andere Handlungsfelder abgedeckt.

Aus verschiedenen Gründen erfährt das Thema der Grauen Energie in der öffentlichen Wahrnehmung nahezu keine Beachtung. Sparsamer Verbrauch von Geräten, Wärmedämmung und moderne Technologien sind Stichworte, die auf Fragen der effizienten Nutzung von Konsumgütern abzielen. Dabei ist es nicht immer sinnvoll, ein ineffizientes Produkt gegen ein neues und sparsameres Produkt auszutauschen. In vielen Fällen überwiegt der Verbrauch indirekter Energieverbräuche den tatsächlichen Effizienzgewinn.

Laut einer Studie des Umweltbundesamtes gehen beim Notebook zum Beispiel fast zwei Drittel der über die gesamte Nutzungsdauer zusammengerechneten CO2e-Emissionen auf das Konto der Herstellung (inklusive Transport und Verwertung). Die eigentliche Nutzung macht nur etwas mehr als ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Die Studie zeigt, dass es sich beim Notebook aus energetischen Gründen niemals lohnt, ein altes, noch funktionstüchtiges Gerät gegen ein neues, energieeffizienteres auszutauschen (UBA 2017).

Suffizienz – Rückkehr zum Wesentlichen oder ein gutes Leben für Alle?

Der Begriff Effizienz – hinter dem sich meist technische Lösungen verbergen – ist ein wichtiger Baustein für eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit. Er besagt, mit deutlich weniger Aufwand ein Mehr an Leistung zu erbringen, ohne den Nutzen zu verringern (z.B. ein neuer Kühlschrank oder eine LED-Lampe). Technische Verbesserungen und damit verbundene Kostenersparnisse führen jedoch häufig zu Rebound-Effekten, d.h. die eingesparten Kosten haben wiederum Rückwirkungen auf das Kauf- und Konsumverhalten sowie den Gebrauch der Produkte (z.B. spritsparende Autos, vgl. UBA 2014).

Im Großen und Ganzen ist sich die Forschung einig, dass Effizienz allein nicht ausreicht, um zukunftsfähige Emissionsreduktionen erzielen zu können. Nur durch ein Begrenzen des Konsums können ambitionierte Klimaschutzzielwerte (z.B. maximal 2 t CO2e pro Kopf pro Jahr) erreicht werden (Gröger 2011). Der Begriff der Suffizienz zielt auf ein Maßhalten und ein Weniger im Konsum und steht damit im Widerspruch zum Paradigma eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums als Grundlage unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Und während Politik und Wirtschaft einem solchen Konzept aus genanntem Anlass eher skeptisch gegenüber stehen, braucht es doch dringend politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die für jede KonsumentIn richtungsweisend sein sollte. Politische Maßnahmen können z.B. das Kennzeichnen von klimaschädlichen Produkten, CO2-Steuern oder Subventionen für klimafreundlichere Produkte und Dienstleistungen umfassen. Über das rechte Maß wird auch schon heute vielerorts bestimmt, wie z.B. in der Familie über das Taschengeld, in der Kommune, wie viel Raum für welche Verkehrsteilnehmenden zur Verfügung steht oder in der Bundespolitik, welches Tempolimit auf Autobahnen gilt (BUND 2018).

Auch wenn ein solcher Ansatz für viele Menschen nach Verzicht und Einschränkung klingt, geht es doch vielmehr auch um eine kreative Gestaltung neuer Lebens-, Wirtschafts- und Konsumformen, die auch neue Formen des Miteinanders und Produzierens einschließen. Für diese Kreativität braucht es den Raum und Menschen, die bereit sind, mit neuen Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens experimentieren. Suffizienz bedeutet daher nicht Verzicht – im Gegenteil – Suffizienz will eine bessere Lebensqualität für Alle – entkoppelt von materiellem Reichtum.

“Was kann ich noch tun?” – KLIB-Haushalte melden sich zu Wort

In diesem neuen Format wollen wir in den verbleibenden Monaten des Reallabors Haushalte mit ihren Erfahrungen, Anregungen etc. zu Wort kommen lassen.[1] Den Anfang macht Laura (Nickname im Projekt: Laburnam). Sie spricht eine Frage an, die uns gerade nach den Sommerferien  telefonisch oder per Email schon von mehreren anderen Haushalten gestellt wurde.

Was kann ich noch tun?

Verschrumpelte Radischen, Himmel-“fern”-gucken auf dem Tempelhofer Feld, kaltes klares Wasser… und dann? Nachdem ich seit Beginn der KliB-Studie wöchentliche Alltagsumstellungen ausprobiert, verworfen, angepasst und auch mal beibehalten habe, gehen mir nun langsam die Ideen für weitere Einsparungen aus.

Ich ernähre mich zu 90% von geretteten Lebensmitteln (womit auch gleich viel weniger Plastikmüll anfällt) und versuche mich in vaganer Ernährung (aktuell 20kg CO2/Woche, 1,15 t /Jahr). Ich fahre ausschließlich Fahrrad und lerne im Urlaub die überraschend schöne nähere Umgebung mit dem Zug oder Auto kennen (0-80kg CO2/Woche, 1,51 t /Jahr). Dabei lerne ich: Weniger Arbeit = mehr Zeit = weniger CO2 beim Unterwegssein. Kalt duschen und warme Pullover (und wahrscheinlich eine gute Durchblutung, hihi) führen bei mir zu 0,8kg CO2/Woche, 0,7 t /Jahr. Durch die Ernergieberatung des BUND kam es zu LED-Beleuchtung und Waschveränderung (0,4kg CO2/Woche, 0,02 t /Jahr). Und Sachen reparieren, finden, leihen und verschenken funktioniert (25kg CO2/Woche, 2,33 t /Jahr). Nur sehr wenige Dinge – Schminke, Klopapier und Shampoo – sind bisher noch unberührt…
Ich empfinde das meiste nicht als Verzicht, sondern in vielerlei Hinsicht als Bereicherung (Zeit, Erlebnisse, Sinneswahrnehmungserweiterung)! Ob ich diese Lebensweise nach diesem Jahr so beibehalte, weiß ich natürlich nicht. Aber sie gefällt mir sehr!

Abgesehen von den Möglichkeiten der Politik, wie z.B. Fahrverbote, CO2-Steuer oder Abbildung von Folgenkosten bei der Preigestaltung, stelle ich mir (und Euch) die Frage: Was kann ich als Privatperson noch konkret tun, um hier in unseren Gesellschaftsverhältnissen und der vorteilhaften Infrastruktur einer Großstadt meinen CO2-Verbrauch zu verringern???

Viele Grüße, Laura

 

[1] Hast Du/ Haben Sie ebenfalls ein Thema, das auch für andere Haushalte interessant ist? Und Du/ Sie möchten dazu gerne einen Newsletter-Beitrag verfassen? Dann würden wir uns über eine Nachricht an klib@pik-potsdam.de mit dem Stichwort “NL-Beitrag” freuen.

FAQ zum Thema Mobilität

Auf dem Mobilitäts-Workshop der KliB-Auftaktveranstaltung wurden ein Paar Fragen zum Themenfeld generell sowie zum Tracking gestellt, die wir hier gerne mit kurzen Antworten für alle bereitstellen möchten.

 

Welche Alternativen zum Auto gibt es?

Car-Sharing

Wer nicht ganz aufs Auto verzichten möchte, kann mit Car-Sharing Angeboten immer wieder auf das altbewährte Auto zurückgreifen, ohne ein eigenes Auto haben zu müssen.

Lastenräder

Gerade für größere Einkäufe kann ein Lastenrad eine sinnvolle Alternative zum Auto sein. Diese können in Berlin an verschiedenen Stellen ausgeliehen werden. Einige Anbieter verleihen die Lastenräder sogar umsonst!

Hier noch einmal ein paar hilfreiche Webseiten:

 

Wie sinnvoll sind CO2-Kompensationen?

Das wichtigste Ziel sollte die Vermeidung klimaschädlicher Emissionen durch das Fliegen sein.

Von daher: zuerst nach Alternativen suchen! Falls Fliegen unvermeidlich ist, kann man durch Kompensationszahlungen den eigenen CO2-Abdruck indirekt reduzieren – etwa durch Aufforstungsprogramme oder durch die Förderung erneuerbarer Energien. Aber nicht alle Anbieter von Kompensationen sind empfehlenswert – manche betreiben Greenwashing. Der sog. „Gold-Standard“ für Kompensationszahlungen ist hier hilfreich. Näheres erfahren Sie hier (Link Umweltbundesamt). In KliB haben wir mit Climatefair und TheCompensators zwei gemeinnützige Anbieter für Kompensationen mit ins KLIB-Stakeholder-Netzwerk aufgenommen, zu denen Sie sich gerne im Folgenden informieren können:  

Kompensationszahlungen führen allerdings dazu, dass schnell vergessen wird, wie stark die Emissionen insgesamt ins Gewicht fallen. Deswegen hat sich das KliB-Projekt dazu entschieden, Kompensationszahlungen nicht im CO2-Tracking zu berücksichtigen.

 

Fragen zum Mobilitäts-Tracking

Sollen Fahrten zur Arbeitsstelle getrackt werden?

Wie bereits im KliB-Forum diskutiert, sollen im Tracker die regelmäßigen Fahrten zur Arbeitsstelle Hin & Zurück mitgezählt werden. Anders als bei dienstlichen Flugreisen gehen wir davon aus, dass es bei der beruflichen Alltagsmobilität mehr individuelle Wahlmöglichkeiten/Alternativen gibt – speziell in einer Großstadt wie Berlin.

 

Sollen Dienstreisen auch getrackt werden?

Dienstreisen werden im Tracker nicht mitgezählt. Wir gehen davon aus, dass hierfür primär der Arbeitgeber die Verantwortung trägt. Natürlich sollte man sich auch dort für klimafreundliche Mobilität und möglicherweise Kompensation einsetzen, aber der Einfluss des/der Einzelnen ist hier naturgemäß eher indirekt und klein.

 

Wie erfasse ich eine Flugreisen (Hin- und Rückflug) im Tracker richtig?

Wenn Sie Hin- und Rückflug angeben, zählen die beiden Strecken als ein Flug. Zu Beginn wählen Sie einfach den Reiter “Hin-und Rückflug” aus und bei Anzahl der Flüge „1“ (bedeutet eine Flugreise).

 

Wieso kann ich nur eine gewisse Anzahl an Menschen für die Flüge auswählen?

Die Anzahl der Passagiere im Tracker ist dynamisch und von der Größe des Haushalts bestimmt. Es können also immer so viel Personen mitfliegen, wie auch im Haushalt leben. Sollten es mehr Personen Ihres Haushaltes sein, die die gleiche Strecke geflogen sind, müssten Sie zusätzlich die Zahl der Flüge anpassen.

KliB-Fragen beantworten – Teil I Ernährung

Lang lang ist sie her, unsere Auftaktveranstaltung. Aber keine Sorge, wir haben die anregenden Diskussionen, die dort in den Gruppen geführt wurden nicht, vergessen! Genauso wenig haben wir Ihre offen gebliebenen Fragen vergessen. In den nächsten Wochen wollen wir Ihnen ein paar davon nach Thema geordnet vorstellen. Hier sind ein paar der wichtigsten Fragen, die am Thementisch Ernährung besprochen wurden. Ob Sie nun bei der Veranstaltung anwesend waren oder nicht, vermutlich haben Sie sich diese oder ähnliche Fragen auch schon gestellt…

 


(1) Haushaltsfrage: Warum wird mehr CO2 bei sportlichem Lebensstil berechnet?

KliB-Antwort: In der Regel bringt ein sportlicherer Lebensstil einen höheren Energieverbrauch und damit auch mehr Nahrungsaufnahme mit sich. Dies passt allerdings nicht auf alle Lebenslagen wie z.B. Diätverhalten.


(2) Haushaltsfrage: Wie erfasst man fleischhaltiges Hundefutter bei eigener veganer Ernährung? Fällt das unter sonstigen Konsum?

KliB-Antwort: Eigentlich sollte Tiernahrung bei sonstigem Konsum landen, aber das würde die Klimawirkung des fleischhaltigen Futters unter den Teppich kehren. Wir schlagen deswegen vor, das Fleisch mit in die eigene Ernährung zu rechnen, auch wenn das Ergebnis nicht so schön aussehen wird. Mehr dazu im Forum unter Erfahrungsaustausch: Sonstiger Konsum/ Tierhaltung (Fleischkonsum).


(3) KliB-Tipp: Deckung des Eiweißbedarfs ohne tierische Produkte

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt der Eiweißbedarf einer erwachsenen Person unter 65 Jahren 0,8 g Protein/kg Körpergewicht pro Tag, das sind ungefähr zwischen 57 bis 67 g pro Tag (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.).

Woher bekommen wir nun unser Protein? Klar, Fleisch, Eier und Quark sind proteinhaltig, aber leider bringt die tierische Landwirtschaft unangenehme Nebenfolgen für den Planeten mit sich. – Die pflanzlichen Alternativen Tofu, Tempeh und Seitan sind als Ersatz nichts für Sie?

Keine Sorge, greifen Sie einfach auf die Klassiker zurück: Bohnen und Linsen jeder Art, Brokkoli, Hafer, Kürbiskerne, Nüsse oder Kartoffeln lassen sich einfach in die tägliche Ernährung einbauen, sind proteinreich und unterstützen Ihre Gesundheit.


 

Wieviel CO₂ wird freigesetzt, wenn ich eine Banane aus Ecuador esse oder ein Glas Milch einer Brandenburger Kuh trinke?

Heute beschäftigen wir uns mit einer Frage, die sich sicher viele schon gestellt haben: Kann es wirklich sein, dass Milch, die lokal hergestellt wird, einen größeren CO2-Ausstoß verursacht als exotisches Obst, das erst den halben Globus überqueren muss, um im Regal zu landen?

 

Frage: Wieviel CO2wird freigesetzt, wenn ich eine Banane aus Ecuador esse oder ein Glas Milch einer Brandenburger Kuh trinke?

 

Antwort von KliB: Hierzu müssen wir verschiedene Aspekte unter die Lupe nehmen, doch vorab sei gesagt: es gibt viele unterschiedliche Angaben für CO2-Fußabdrücke und wir können in diesem Rahmen leider keine eigenen Erhebungen machen. Dennoch hoffen wir, dass unsere Angaben Ihnen einen groben Überblick verschaffen können.

Hinweis: Die CO2-Angaben beziehe sich auf die Datengrundlage des IFEU-Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg von 2016. Unter den Begriff CO2-Emission fallen auch die anderen Treibhausgase, die in CO2-Äquivalente umgerechnet sind.

Beginnen wir also mit der Banane. Das Herkunftsland wird in der zugrundeliegenden Studie leider nicht explizit aufgegliedert, aber da die meisten Bananen aus Mittel- und Südamerika importiert werden, sollte der Mittelwert auch für Ecuador passend sein.

100g Banane werden mit 0,06 kg CO2-Emission berechnet. Das ist relativ wenig für eine exotische Frucht – im Vergleich zu 100g Mango (0,17kg CO2) oder derselben Menge Passionsfrucht (0,23kg CO2) zum Beispiel. Wie kommt’s?

Die Gründe sind sowohl im Produktionsprozess als auch beim Transport zu finden: Zum einen muss die Banane nicht im Gewächshaus wachsen. Zum anderen ist sie so robust, dass sie per Schiff transportiert werden kann, also nicht wie Mangos z.B. eingeflogen wird.

Wie macht sich die Milch im Vergleich?

Auch hier gilt: dies sind Durchschnittswerte, die nicht explizit für Brandenburg berechnet wurden, doch wir werden sehen, dass die Transportstrecke nicht das ausschlaggebende Kriterium ist.

100g Milch werden mit 0,14kg CO2 berechnet – also mehr als das Doppelte unserer Banane.

Ausschlaggebend ist unter anderem der Methanausstoß der Milchkuh durch ihre natürlich entstehenden Verdauungssgase. Methan ist ein vielfach stärker wirkendes Treibhausgas als CO2 und nimmt laut einer Studie (siehe hier Abbildung 3) ganze 52% der Treibhausgasemissionen in der Milchproduktion ein. Für das notwendige Futter müssen große Mengen Getreide und Futterpflanzen wie Soja angebaut und gedüngt werden, was wiederum zu Emissionen führt. Kommt die Rohmilch dann in die Molkerei, fallen für Verarbeitung und Verpackung weitere CO2-Emissionen an. Zudem muss zumindest Frischmilch gekühlt werden, was für Transport, Lagerung und Verkauf emissionstechnisch eine Rolle spielt.

Das Ergebnis ist also: so absurd es auch scheint, ein Glas Milch kann mit einer Banane nicht mithalten! An der Milchproduktion hängt eine lange und emissionsreiche Produktionskette, die auf den ersten Blick nicht sichtbar ist. Hinzu kommt, dass Kühe unglücklicherweise durch ihren natürlichen Methanausstoß eher klimaunfreundliche Tiere sind – zumindest in der riesigen Anzahl, in der sie dank dem Menschen die Massentierhaltungen dieser Welt besiedeln.

 

Zum Weiterlesen/ Hintergrundinformationen:

  • Für eine detailliertere Übersicht der verschiedenen Emissionsfaktoren schauen Sie sich hier Abbildung 1 an.
  • Für die Berechnungsgrundlagen können Sie hier nachlesen (Klimatarier.com)
  • Zum Selbstausprobieren für Ihren Klimateller, kommen Sie hier zum Rechner von klimatarier.de.

 

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